Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 55 = 2.F. 19 (1909))

Der Schadensersatzanspruch des Käufers rc.

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Die richtige Ansicht ist vielmehr diese: den Einzelsätzen
des Rechts der Schuldverhältnisse liegt der Rechtssatz zugrunde,
daß jede fahrlässige Verletzung der Schuldnerpflicht zum
Schadensersätze verpflichtet. Dies läßt sich auf zweierlei Weise
Nachweisen: durch Auslegung der ausdrücklichen Anordnungen
des Gesetzes und durch Gesetzesanalogie.
Den ersten Weg hat Lehmann*) gezeigt. Er legt
dar, daß einzelne Bestimmungen des Gesetzbuches, die dem
Schuldner besondere Pflichten auferlegen (§§ 447, 665, 694)
nur verständlich sind, wenn das Gesetz für den Fall der Pflicht-
verletzung Schadensersatz anordnen wollte. Da aber eine solche
Anordnung in den betreffenden Einzelbestimmungen nicht aus-
gesprochen worden ist, so muß angenommen werden, daß ein
allgemeiner Rechtssatz dieses Inhalts dem Gesetze zugrunde liegt.
Die von Lehmann angeführten Bestimmungen lassen sich
noch um ein Beträchtliches vermehren. Ich verweise auf die
498II, 548, 549II, 645II. Besonders vielsagend aber
ist Z 618II: „Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in An-
sehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten ob-
liegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflich-
tung zum Schadensersätze die für unerlaubte Handlungen gel-
tenden Vorschriften der 88 842 bis 846 entsprechende An-
wendung 1 2). Daß der Dienstberechtigte, wenn er die erwähnten
Pflichten verletzt, zum Schadensersätze verpflichtet ist, ist weder
in 8 618 noch irgendwo sonst ausdrücklich ausgesprochen.
Es darf auch angenommen werden, daß der Dienstberechtigte
nur dann ersatzpflichtig sein soll, wenn er seine Pflichten schuld-
haft verletzt. Der Rechtssatz aber, der dies ergibt, ist eben
1) ArchZivPrax. 96, 80 fg.
2) Beiläufig bemerkt ist diese Bestimmung auch geeignet, auf das
Verhältnis zwischen Vertragshaftung und Deliktshaftung ein Helles Licht
zu werfen.

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