Von der Solidarität aus unerlaubten Handlungen.
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Anschauungsweise aber befleißigt sich das Reichsgericht in
den cit. letzten Entscheidungen. Diesen Entscheidungen fehlt
die Erkenntniß des inneren Wesens der betreffenden Institute
und seiner daraus folgenden immanenten Wirkungen, im
Gegensatz zu denen, welche durch positive Gesetzesbestimmungen
äußerlich hinzugetragen sind. Nur so konnte es
kommen, daß, wo der Buchstabe des Gesetzes fehlt oder nicht
paßt, in rein äußerlicher Weise auch die entsprechende Wirkung
schlechthin geleugnet, jede Aehnlichkeit der zur Entscheidung
stehenden Verhältnisse mit der gesetzlichen Solidarität verneint,
diesen Verhältnissen, was die Beziehung der verschiedenen Ver-
pflichteten untereinander betrifft, der rechtliche Charakter
überhaupt abgesprochen wurde! So wurde denn im
letzteren Falle (Bd. 33 S. 348) die mit Recht als Rückgriffs-
anspruch ausgefaßte Klage a limine abgewiesen, während der
richtigen Ansicht nach zu prüfen war, ob wirklich ein gemein-
schaftliches Delikt vorlag, in welchem Falle der Regreß pro
parte nicht versagt werden durfte.
Schon in meinen Grundlehren des franz. Obligationen-
rechts § 19 zu Anm. 28 ff. u. insbes. Anm. 34 hatte ich die
Auffassung des R e i ch s g e r i ch t s, daß in den in Rede stehen-
den Fällen keine Solidarität vorliege, zurückgewiesen, wenn-
gleich die Frage des Regresses, da sie mit dem behandelten
Thema nur lose zusammenhing, in Anm. 31 nur auf das
diskutable Gebiet reduzirt und im Uebrigen dahingestellt
gelassen wurde. Zu dem daselbst erfolgten Angriff auf
seine grundsätzliche Auffassung des in Frage stehenden Ver-
hältnisses hat das Reichsgericht in dem cit. letzten Urtheil keine
Stellung genommen, und ist, da diese seine Auffassung eine
irrige war, naturgemäß zu einer Konsequenz gelangt, die vom
Standpunkte der Theorie wie des praktischen Lebens in gleicher