Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 32 = N.F. 20 (1893))

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Lippmann,

seine Gesammtforderung aus der Hypothek an Kapital und
bis zur Kaufgelderbelegung aufgelaufenen, vielleicht auch zu
einem geringeren Zinsfüße ihm zuftehenden Zinsen in An-
rechnung gebracht *). Also keine Spur von einer Rückwirkung
bei völliger Kompensationsfreiheit! Erst der Zeitpunkt der
wirklichen Realisirung beider Ansprüche bestimmt ihren Ge-
sammtumfang, und in diesem Gesammtumfange werden sie
dann gegen einander zur Aufrechnung gestellt.
Das römische Recht kannte, wie schon erwähnt, keine rück-
wirkende Kraft der Kompensationserklärung. Was zu solcher An-
nahme verleiten konnte, war der Umstand, daß dieses Recht eine
Kompensationsfreiheit, eine Kompensationsfähigkeit der Forde-
rungen im heutigen Sinne, also eine Kompensationsmöglichkeit
zwischen einer Kapital- und einer Zinsforderung, sowie eine solche
nur zwischen Zinsforderungen überhaupt nicht kannte, sondern nur
Kompensation zwischen Kapitalforderungen, wobei Zinsansprüche,
einseitige oder gegenseitige, gleicher oder ungleicher Quantität,
nicht weiter in Betracht und Berechnung kamen. Wenn nach
römischem Recht ein Zinsenanspruch an sich nicht selbständig
eingeklagt werden konnte?) ^weshalb es auch eine condictio
indebiti auf Rückzahlung irrig gezahlter Zinsen einer sonst be-
stehenden Schuld nicht gab], wenn Verzugszinsen und über-
haupt gesetzliche Zinsen nur ex okücio judicis, also zunächst
nur durch den Richter zu präftiren waren, so war auch die

1) Vergl. tztz 65, 13 des Entwurfs, betr. die Jmmobiliar-Zwangs-
vollstreckung. Danach gehen sogar bei Unzulänglichkeit der Masse die
.Zinsen der Kapitalforderung vor.
2) Nur an sich nicht. Daß auch ein Zinsenanspruch dadurch Selb-
ständigkeit und selbständige Klagbarkeit erlangen konnte, daß der Gläubiger
'diesen ZinSanspruch sich besonders stipulirte, ist freilich nicht zu bezweifeln.
Der Anspruch erlangte dadurch die Kraft einer sors, einer Kapital-
Forderung.

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