Volltext: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 65 = 2.F. 29 (1915))

Ungerechtfertigte Durchbrechung der Rechtskraft usw. 347
teitsklage, die querela nullitatis insanabilis, dazu bestimmt
war, Urteile, die an unheilbarer Nichtigkeit litten und des-
halb niemals rechtskräftig werden konnten, auch noch durch
eine besondere Entscheidung umzustoßen und durch eine neue
zu ersetzen. Das andere Rechtsmittel war die Restitution,
die umgekehrt ein rechtskräftiges Urteil voraussetzte und nur
aus Gründen der Billigkeit, nicht des strengen Rechts zu
einer Abänderung des Urteils führte.
Was nun zunächst das Nichtigkeitsverfahren anlangt,
so bestand damals der Rechtszustand, wie er durch den
Jüngsten Reichstagsabschied von 1654 infolge der Abände-
rung des gemeinen Rechts geschaffen war *). Dies Reichs-
gesetz ging von den Vorgefundenen beiden Arten der Nichtig-
keit, der heilbaren und der unheilbaren aus. Es fand, daß
gewisse Grundsätze des Verfahrens so wesentlich seien, daß
es sich ohne sie gar nicht denken lasse, weil sie sich un-
mittelbar aus seinem Wesen und Begriff ergäben. Andere
Momente dagegen waren nicht so geartet; sie beruhten auf
positiver Vorschrift und bestanden vorzugsweise in Formen,
die nur sekundären Zwecken dienten. Die Mängel der
ersteren Art konnten auf keine Weise geheilt werden, und
das Urteil konnte nie Bestand gewinnen. Die Mängel der
zweiten Art waren dagegen heilbar. Im genaueren sollten
nun nach dem Jüngsten Reichstagsabschied alle diejenigen
Nullitäten unheilbar sein, welche insanabilem defectum
aus der Person des Richters oder der Partei oder aus den
substantialibus des processus nach sich führten. Alle
anderen sollten heilbar sein und wurden der Appellation
unterworfen, wodurch sie dann mit Sicherheit der endgültigen
Erledigung, der Rechtskraft, zugeführt wurden.
1) Die nachfolgende Darstellung beruht auf W e tz e l l, System
des ordentlichen Zivilprozefses 3 § 60.

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