Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 65 = 2.F. 29 (1915))

Ungerechtfertigte Durchbrechung der Rechtskraft usw. 345
mit seiner Klage abgewiesen wird, oder ob durch eine
neue Klage nur dem Sieger verboten wird, von seinem
rechtskräftigen Urteil Gebrauch zu machen; und wenn der
Sieger die Urteilssumme bereits beigetrieben hat, ist es
gleichgültig, ob er durch eine mittelbar erst durch das
Restitutionsurteil herbeizuführende Schadensersatzklage *) oder
durch eine unabhängig vom Restitutionsverfahren gegebene
unmittelbare Schadensersatzklage gezwungen wird, das Bei-
getriebene wieder herauszugeben.
Hiernach ist es unrichtig, daß die Schadensersatzklage
keine prozessuale, sondern nur materielle Wirkung habe, und
daß durch sie der Bestand des rechtskräftigen Urteils nicht
angetastet werde. Das Wesen der reichsgerichtlichen Lehre
besteht in dem widerspruchsvollen und deshalb unlogischen
Satze: es ist unrecht, daß der Sieger recht hat.
Hellwig?) bezeichnet die Ausführungen des Reichs-
gerichts, daß der Bestand des Urteils nicht angetastet werde,
als leere Ausflucht; er stellt sie der Entschuldigung des
Räubers gleich, der sage, ich habe nicht geraubt, denn ich
habe den Anderen das Portemonnaie gelassen und ihm nur
das Geld herausgenommen. Hamburgers nennt die
Darlegung des Reichsgerichts einen widerspruchsvollen Satz,
und Schneiders bezeichnet sie als ein Spiel mit leeren
Worten, da die durch die Rechtskraft besiegelte Vermögens-
verschiebung der Zweck des früheren Urteils sei. Reichen -
1) Stein, Die Zivilprozeßordnung 10 § 590IV Abs. 5.
2) Recht 1910 S. 713 f., und System des Zivilprozesses 1,
784ff. Auch Kleinfeller in der Zeitschr. f. Rechtspflege in
Bayern 1906 S. 1 f. hält die Ansicht des Reichsgerichts für un-
logisch.
3) Die Ausbeutung der Rechtskraft gegen die guten Sitten,
Jenaische Dissertatton, Berlin 1909, S. 100.
4) Treu und Glauben im Zivilprozeß, 1903, S. 38.

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