Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 41 = 2.F. 5 (1900))

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Franz Leonhard,

so geht das Wahlrecht nach § 264 unter gewissen Voraus-
setzungen auf den Gegner über. Beim Verzüge des Schuldners
geschieht dies erst mit dem Beginn der Zwangsvollstreckung:
die Wahlschuld verwandelt sich dann in eine einfache Schuld
mit Ersetzungsbefugniß des Schuldners *). Ist der Gläubiger
im Verzüge, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung
einer angemessenen Frist zur Wahl auffordern. Zweifelhaft
ist dabei, ob eine einzige Erklärung des Schuldners genügt,
um den Gläubiger in Verzug zu setzen und ihm die Frist zu
bestimmen. Diese Annahme1 2) empfiehlt sich durch eine gewisse
Bequemlichkeit. Aber sie widerspricht nicht nur dem Wortlaute
des Gesetzes, sondern vor allem auch dem Interesse des Gläu-
bigers. Wird der wahlberechtigte Gläubiger zur Erklärung
aufgefordert, so kann er sich zunächst eine Zeit lang überlegen,
bevor er in Verzug kommt. Wenn diese angemessene Ueber-
legungsfrist verstrichen ist: erst dann kann ihm der Gegner
eine neue, zur Nachholung des Versäumten angemessene Frist
bestimmen. Erst bei doppelter Versäumniß tritt der nach-
theilige Erfolg ein. Gerade das ist der Zweck des Gesetzes,
wenn es hier — wie in den §§ 283, 326, 634 — eine solche
Nachfrist vorschreibt.
Sind mehrere Personen betheiligt, so muß die Erklärung
von allen ausgehen oder allen gegenüber erfolgen3). Man
ist berechtigt, dies aus der Analogie der §§ 356, 502 und 513
zu folgern4). Doch ist das nicht ganz unbestritten. Man hat
1) Stammler, S. 138; vergl. aber auch Eccius, Gru chot's
Beiträge, Bd. 42 S. 204.
2) Cosack, Lehrbuch, Bd. i S. 292; Neumann, Bd. i S. 140;
dagegen Planck, Bd. 2 S. 36; Stammler, S. 137; Oertmann,
Kommentar zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 25; Goldmann-
Lilienthal, DaS B.G.B., S. 141; Dernburg, Das Bürgerliche
Recht, a. a. O. S. 100.
3) Planck, Bd. 2 S. 35; Dernburg, a. a. O. S. 99.
4) Anders freilich § 474.

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