Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 62 = 2.F. 26 (1913))

Fragen der Besitzlehre.

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funden, das abstrakte Besitzkonstitut war ihm unbekannt *);
er hat hier an ein Besitzkonstitut nicht gedacht2).
1) Die Stelle hat seit jeher den Vertretern der Lehre vom ab-
strakten Besitzkonstitut ebenso viele, als vergebliche Mühe gemacht.
Savigny a. a. O. 320f. findet die Entscheidung Papinians des-
halb begründet, weil der Geschenkgeber nicht zugleich ausgesprochen
habe, er wolle von jetzt an als procurator alicuac possessionis be-
trachtet werden, und ein Besitzkonstitut nicht zu präsumieren sei.
Mit Recht bemerkt dagegen Harburger a. a. O. 62, Savigny
würde, wenn l. 48 nicht so entschieden spräche, sicherlich die in ihr
erwähnte Erklärung für vollkommen genügend zu einem constitutum
possessorium erachtet haben. — Goldschmidt, Handelsrecht § 65
Anm. 12 meint, hier liege keine Traditionserklärung, sondern eine An-
erkennung der geschehenen Tradition vor. Allein schon die Glosse hatte
zwischen einer solchen Erklärung und Anerkennung keinen Unterschied
gemacht, siehe oben S. 218 Anm. 2. Mit Recht nennt Wind sch ei d,
Pand. Bd. 1 § 155 Anm. 8c diese Annahme Goldschmidts „miß-
lich". — Hauser a. a. O. 47 Anm. 3 findet, die in 1. 48 eit. wieder-
gegebene Erklärung lasse eine zweifache Auffassung zu, entweder daß
der Geschenkgeber seinerseits alles zur Uebergabe Erforderliche getan
und der Beschenkte nun den Besitz zu nehmen habe, oder die Ueber-
tragung der Sache sei als geschehen zu erachten, obwohl die Sache
noch in der Jnnehabung des Geschenkgebers verbleibe. Wäre das
letzte der Sinn der Erklärung und stimmte der Beschenkte überein,
dann würde ein constitutum possessorium vorhanden sein. Doch
liege die erste Auffassung der I. 48 zugrunde und deshalb sei kein
constitutum possessorium vorhanden. Allein diese erste Auffassung
ist an und für sich sehr zweifelhaft, ferner willkürlich die Annahme,
daß sie der l. 48 zugrunde liege, und schließlich nicht verständlich, wes-
halb Papinian, trotzdem er ausdrücklich von dem „gui ckonum accepit",
also von der Uebereinstimmung des Beschenkten, spricht, der anderen
Auffassung, d. h. des Besitzkonstituts auch nicht mit einem Worte erwähnt.
— Die Bemerkung Dernburgs, System8 § 147 Anm. 18, in der
Traditionserklärung bezüglich eines Grundstücks zum Unterschiede
etwa von Staatspapieren sei in der Regel nicht zugleich die Erklärung
zu finden, daß man für den anderen besitzen wolle, und in l. 48 eit.
handle es sich um ein Grundstück, kommt im Wesen, wenigstens
soweit ein Grundstück in Frage kommt, auf dis Ansicht Savignys
hinaus.
2) Siehe oben S. 171 Anm. 1.

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