26 von Mittelstaedt: Die Form der Mündlichkeit und Schriftlichkeit
fahrens enthalten sind, müssen vielmehr der authentischen Interpretation
des Erklärenden unterliegen; in Streitfällen wird es sich stets darum
handeln, ob der animus confitendi seu obligandi vom Richter erkannt
wird; endlich ist auch der Beweis eines Jrrthums nicht auszuschließen.
Die Eventualmaxime hat im Vorverfahren keinen Platz. Abge-
sehen selbst davon, daß der die Eventualmaxime handhabende Richter
grundsätzlich aus dem Vorverfahren ausscheiden muß, also die Möglich-
keit der Handhabung fehlt, so würde dieselbe auch die Freiheit der
mündlichen Verhandlung untergraben. Es widerspricht der Freiheit der
Parteien in dem Gebrauche des zur richterlichen Information gesam-
melten Materials Nichts so sehr, als die Beschränkung derselben auf
ein durch die Macht der Eventualmaxime bereits verstümmeltes Faktum.
Mit der Untergrabung der Freiheit der mündlichen Verhandlung wäre
das Leben derselben getödtet. Aber, wenden die Freunde der Eventnal-
maxime ein, das Ende des Vorverfahrens muß doch garantirt sein.
Diese Garantie ist ohne Zwang ebenso sicher gegeben als durch den
Zwang der Eventualmaxime. Wenn man der im ordnungsmäßigen
Wechsel der Rede und Gegenrede zum Worte berechtigten Partei das
übrigens selbstverständliche Recht zugesteht, auf das Wort zu verzichten,
also das Vorverfahren zu schließen, so liegt darin kein Zwang, denn
die eine Partei hat sich vollständig ausgesprochen, die andre verzichtet
auf das Wort. Wenn man ferner der Partei, welche eine Ant-
wort auf ihren Schriftsatz erwartet, das eben so selbstverständliche Recht
zugesteht, nach, hinreichender Aufforderung der Gegenpartei zur Vernehm-
lassung den Schluß des Vorverfahrens anzusagen, so liegt auch darin
kern Zwang, denn die Präsumtion, daß die auf hinreichende Aufforde-
rung schweigende Partei vor der mündlichen Verhandlung nicht mehr
verhandeln wolle, ist vollständig gerechtfertigt. Es liegt in der Natur
jeder Verhandlung, daß die Verhandelnden, welche ein Interesse haben,
sich auszusprechen, diesem ihrem Interesse gemäß handeln werden, sobald
einem Jeden das Wort ertheilt ist; daß sie sich vollständig aussprechen
werden, weil sie nicht wissen, ob ihnen der Gegner Gelegenheit zur
nochmaligen Rede geben wird. Derjenige aber, welcher nicht das
Interesse hat, der Verhandlung noch etwas hinzuzusehen, schweigt und
führt dadurch das Ende der Verhandlung herbei. Das Ende der Ver-
handlung ist also wohl garantirt, eher könnte man fragen, ob die Voll-
ständigkeit derselben garantirt sei?
d. Die Vollständigkeit der Information dest Parteien
durch das Vorverfahren muß gewährleistet sein. Nur durch
die Vollständigkeit der Information der Parteien ist die Vollständigkeit
der richterlichen Information, welche auf der Parteiinformation ruht,
gewährleistet. Wir haben bereits ausgeführt, daß, weil die Parteien
zu bestimmen haben, welches Material dem Richter übergeben werden
soll, die Vollständigkeit der Information der Parteien sich auf die hin-
reichende Kenntniß des thatsächlichen Umfanges der mündlichen Ver-
handlung beschränkt. Wenn die der Gegenpartei gewährte Kenntniß
des thatsächlichen Materials den Umfang der mündlichen Verhandlung
bestimmt, so wird jede Partei durch ihr eignes Interesse getrieben