Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 47 = 2.F. 11 (1904))

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Kuttner,

münzt sein, daß ein Anderer als die uneheliche Mutter das
Kind adoptiert, und muß demnach in der Tat ganz außer An-
wendung bleiben, wenn die Mutter selbst ihr Kind adoptiert.
Aber daraus zu folgern, daß nun auch alle übrigen Para-
graphen über die Annahme an Kindes Statt keine Anwendung
finden könnten, ist ein Trugschluß, der darauf zurückzuführen ist,
daß man die nur relative Anwendbarkeit des § 1747 übersieht.
Mit demselben Rechte könnte man folgern, daß ein un-
eheliches Kind, dessen Mutter verstorben ist, überhaupt nicht
adoptiert werden könne, weil es die nach § 1747 erforderliche
Einwilligung der Mutter nicht beizubringen vermag.
Der § 1747 gehört eben nicht zu den absoluten Erforder-
nissen, die bei jeder Kindesannahme notwendig erfüllt sein
müssen; das zeigt sich schon daran, daß selbst in den Fällen,
in denen die Einwilligung der unehelichen Mutter begrifflich
und tatsächlich sehr wohl möglich ist, eine Außerachtlassung
des § 1747 dennoch nicht zur Unwirksamkeit des Adoptions-
vertrages führt (§ 1756). Um so weniger kann aus der Nicht-
erfüllung des in § 1747 aufgestellten Erfordernisses ein Hindernis
der Adoption alsdann hergeleitet werden, wenn dieser Paragraph
seiner besonderen tatsächlichen Voraussetzungen wegen auf die
Lage eines konkreten Falles nicht paßt.
Wer zum Ueberfluß einen Anhalt im Gesetzestexte selbst zu
haben wünscht, der findet in § 182 B.G.B., daß das Gesetz
unter der „Einwilligung", die in § 183 als „vorherige Zu-
barkeit als selbstverständlich voraussetzt, daß die uneheliche Mutter mit dem
Adoptierenden nicht identisch ist. — So richtig für das Französische Recht
Laurent, IV, no. 206; Appellationssenat Mannheim (in Puchelts
Zeitschrift, Bd. 4 S. 413): . . „in Erwägung, daß, wenn auch einzelne
Bestimmungen des Titels von der Anwünschung auf diesen Fall nicht
passen, beispielsweise von der Einwilligung des betreffenden Elternteils
nicht die Rede sein kann, dies doch nur nebensächliche Punkte sind, da-
gegen die Grundbedingungen der Anwünschung auch hier vollständig Platz
greifen. . . ."

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