Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 47 = 2.F. 11 (1904))

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Victor Ehrenberg,

Person nicht ohne deren Willen eintritt. Die Verkehrs-^
sicherheit besteht darin, daß eine beabsichtigte günstige!
Veränderung des gegenwärtigen Bestandes an Vermögensrecht-!
lichen Beziehungen einer Person nicht vereitelt wird durch Um-^
stände, die ihr unbekannt sind. y
In welcher verschiedenartigen Weise das Recht diesen
Interessenkonflikt entscheidet, das zu beobachten, bietet einen
eigenen Reiz.
Es ist sehr charakteristisch für Wesen und Aufgabe der
Rechtsordnung, daß sie das Interesse der Rechtssicherheit
fast niemals mit starrer Konsequenz vertritt. Auch da, wo sie
es prinzipiell in den Vordergrund stellt, gewährt sie die Mög-
lichkeit, daß unter gewissen Voraussetzungen (Zeitablauf, gericht-
liches Aufgebot) ohne Mitwirkung des Rechtsbesitzers ein rechts-
widriger Zustand in einen rechtmäßigen verwandelt wird. Nur
wiederum durch Eintragung in ein unter öffentlicher Autorität
geführtes Register kann ein Recht sogar gegen den zerstörenden
Einfluß der Zeit gesichert werden.
Umgekehrt stellt die Rechtsordnung sehr häufig das In-
teresse der Verkehrssicherheit ganz in den Vordergrund,
und dies findet selbst vor dem Forum des strengen Rechts
darin seine Erklärung und seine Rechtfertigung, daß — wie
oben (S. 280 f.) bereits hervorgehoben wurde — indirekt auch
der Rechtsbesitzer an einer Hebung der Verkehrssicherheit in-
teressiert ist. Die Mittel, durch welche die Rechtsordnung diesen
Zweck erreicht, sind außerordentlich mannigfaltig. Nicht selten
tut sie es dadurch, daß sie gewissen Personen Vollmacht er-
teilt, im Namen eines Andern, also an dessen Stelle Rechte
zu begründen oder zu übertragen, auch legt sie wohl — zur
weiteren Sicherung des Verkehrs — den Umfang der Voll-
macht solcher gesetzlicher Vertreter oder anderer Personen aus-
drücklich fest (Schlüsselgewalt, elterliche Gewalt, Vormundschaft,

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