Full text: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen (Bd. 4 (1870))

22 R. Koch: Erläuternde Bemerkungen zum Entwurf einer Prozeßordnung

eintretende Prozeßunfähigkeit resp. Prozeßfähigkeit der betreffenden
Partei sowenig als ein Wechsel des gesetzlichen Vertreters die Voll-
macht aufhebt (§. 130) 38), und daß die Künd igung Seitens des Bevoll-
mächtigten diesen nicht an vorläufigem Weiterhandeln hindert, bis für
anderweite Vertretung gesorgt ist (§. 135). Der Gegenpartei gegen-
über bleibt der Bevollmächtigte auch nach erfolgter Aufkündigung (von
der einen oder anderen Seite) so lange legitimirt, bis derselben das
Erlöschen der Vollmacht, im Anwaltsprozesse die Bestellung eines neuen
Anwalts, angezeigt.ist (§. 136)3ea). Eine Unterbrechung des Ver-
fahrens durch Wegfall des Bevollmächtigten tritt nur im Änwälts-
prozesse (wegen des Anwaltszwanges) ein und dauert alsdann bis
zur Anzeige von der Bestellung eines neuen Anwalts oder zum Ablauf der
für diese Anzeige bestimmten Frist (§§. 361 Ziff. 5, 364 Ziff. 4,371).
Das absterbende Institut der Rechtsbeistandschaft33) ist in
dem Entwurf für andere als Anwaltsprozesse zwar ausgenommen, aber
darin wenig entwickelt. Zunächst Ist ausgesprochen, daß Beistände neben
der in Person auftretenden Partei überhaupt zuzulassen sind;
sodann daß- hinsichtlich der Fähigkeit zur Beistanoschaft, des
Anspruchs auf Belohnung und der Befugniß des Gerichts, Bei-
stände zurückzuweisen, dieselben Grundsätze gelten sollen, wie für
die Prozeßbevollmächtigten (§. 138)40). Endlich ist anerkannt, daß in
der Beistandschaft ein Stück Repräsentation enthalten sein kann,
insofern ausdrücklich bestimmt ist, daß das von dem Beistände Vorge-
tragene vorbehaltlich der Befugniß der miterschiettenen Partei zum sofor-
tigen Widerspruch (Berichtigung und Widerruf)44) als von der Partei
selbst vorgebracht gilt (§. 139)42). '

•3S) Daher tritt 4m diesen Fällen, sofern 'ein -Prozeßbevollmächtigter vor-
handen ist, Unterbrechung des Verfahrens nur auf Antrag des Bevollm., beim Tode
des Machtgebers auch aus Antrag des Gegners ein (K. E. §§. 361, 362).
3Sl) Aehnlich H. P.-O. §. 79 (hier wird auch bestimmt, daß der Bevollmächtigte
nicht intempestiv kündigen darf); ebenso B. P.-O. Art. 94. W.P.-O. Art. 127 Abs. 1
stimmt mit K.-E. 8. 135 überein; Abs. 2 schreibt vor, daß die Kündigung dem Ge-
richte anzuzeigen ist, dem Gegner gegenüber aber erst von der erlangten KeNntnist
ab. gilt; Bad. P.-O.:.■§§: 145—147 schreibt für den Mandatar gerichtliche und recht-
zeitige Kündigung, für den Mandanten Anzeige der Ernennung des neuen Manda-
tars vor. Mit dem K. E. §§. 135, 136 stimmt völlig überein H. E. §/108; mir
K-E §-136: P. E. §; 108. — Auch gemeinrechtlich wirkt Widerruf und Kün-
digung dem Gegner gegenüber erst von der erlangten Kenntniß. — Wetzell §. 9,
Note 39; Endemann S. 326. ^
33) Wetzell 8- 8; Renaud §§. 62—64; Endeman« §. 92; Allg. Ger.-Ord.
I., 3 §§. 14-21. -
40) H. P.-O. §. 103 (Advokaten, Verwandte sc. — auch vor anderen als Amts-
gerichten —).- B. P.-O. Art. 78, 80 ff. lAdvokaten — vor Bezirks-, App., und-
Handels-App.-Gerichten—); W. P -O 129—132 — vor allen Gerichten —; Bad.
P.-O. §. 128 — bei den Amtsgerichten — (eine andere Bedeutung haben die „Bei-
stände" in §§. 578-580); H. E. §§. 110. 111 — nach Maßgabe der Landes-
gesetze —;P.E. §§. 89, 91 — bei Einzelrichtern — (Rechtsanw., Adv., Streit-
genoffen sc.). . >
41) Gemeinrechtlich wird ein Recht zum Widerruf binnen 3 Tagen angenommen
— Wetzell §. « Note 34, Renaud S. 146, Endemann S. 336. '
") H. P.-O. 8- 107; W. P.-O. Art. 130.

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