9.2.
Civilprozeß
9.2.1.
Zur prozessualischen Behandlung des beneficium competentiae
Von Fischer
Besprechung reichSgerichtlicher Entscheidungen.
459
6. Livilprozeß.
1. Zur prozessualischen Behandlung des beneficium
competentiae.
Besprochen von Otto Fischer.
Das Urtheil des Reichsgerichts (III.Civilsenat) vom I.Mai
1894 (Entsch. in Civilsachen 33. Nr. 99 S. 378) beschäftigt
sich in einem gemeinrechtlichen Falle mit der Frage, ob
und inwieweit ein Kompetenzrecht, welches im Rechtsstreit über
die Forderung nicht vorgeschützt war, noch gegenüber der
rechtskräftigen Verurtheilung als „Einwendung, welche den
durch das Urtheil festgeftellten Anspruch betrifft", im selbständigen
Rechtsstreit nach § 686 C.P.O. mit Erfolg geltend gemacht
werden kann.
Nachdem der Entwurf des B.G.B. zweiter Lesung (§ 466)
das in erster Lesung beseitigte beneficium competentiae mit
vollem Recht wieder eingeführt hat, wird die Frage von
dauerndem Interesse bleiben und deshalb eine Besprechung der
Entscheidung gerechtfertigt sein. Der Kürze wegen soll dabei
das Berhältniß, auf welches sich das beneficium competentiae
gründet (Schenkung, Dos, Verwandtschaft re.), als abstrakte,
und der Umstand, daß bei Erfüllung der Schuld das zum
Leben Erforderliche nicht mehr vorhanden sein würde, als
konkrete Kompetenzvoraussetzung bezeichnet werden.
Der Schuldner war rechtskräftig verurtheilt, seinem
Schwiegersohn als Mitgift seiner Tochter 1800 M. zu zahlen.
Er hatte in diesem Prozesse das ihm in abstracto unzweifel-
haft bereits zustehende Kompetenzrecht nicht vorgeschützt. Er
versuchte es nun, nach Beginn der Zwangsvollstreckung auf
dem Wege des § 686 E.P.O. die Aufhebung der Zwangs-
vollstreckung durchzusetzen. Als thatsächlicher Umstand, der in