4.
Beiträge zur Lehre von der Selbsthülfe nach Römisch-justinianischem Rechte
Von Herrn Dr. Benfey zu Göttingen
I.
Beiträge zur Lehre von der Selbsthülfe nach
Römisch-justinianischem Rechte.
Von Herrn Dr. S. Benfey zu Göttingen.
§. i. Einleitung.
Indem ich hier einige Beiträge zur Lehre von der
Selbsthülfe nach Römisch-justinianischem Rechte lie-
fere, glaube ich folgende Punkte als gewiß behaupten zu
dürfen:
I. Abgesehen von besonderen positiven Rechtsnormen,
läßt sich durchaus nicht behaupten, daß irgend eine, Selbst-
hülfe enthaltende, Handlung unerlaubt oder strafbar sei.
Namentlich kan man überall nicht Nachweisen, daß die
bloße Existenz des Richteramts das Verbot der Selbsthülfe
zur Folge habe.
II. Dagegen kan erwartet werden, daß überall, wo
ein Richteramt existirt, Rechtsnormen entstehen, welche die
Selbsthülfe mehr oder minder verhindern *).
III. Was das Römische Recht insbesondere betrist, so
existirt ein Verbot der Selbsthülfe im Allgemeinen und na-
l) Wie wenig übrigens die Erkstenz des Rkchteramtes mit der
Selbsthülfe im Widerspruche' ist, zeigt das älteste Deutsche Recht,
wo bei schweren Verbrechen neben dem Rechte/ die richterliche Hülfe
zu suchen, das Fehderecht alternativ statt fand. Man sehe Eich-
horn deutsche Staats- nnd Rechtsgeschlchte, B. I. §. 76.
Rheinisch. Mus. VII. Bd. Ites Heft? 1