V. Beiträge zur Lehre von der Gefahr beim Kaufcontracte. 373
II.
Die Jndividualisirungstheorie.
Wenn ich diese Theorie als die herrschende bezeichne und
mich bei Berücksichtigung der Literatur vorzugsweise auf die
neuere Zeit beschränke, so bedarf dies für jeden, der die Litera-
tur unserer Frage kennt, keiner Rechtfertigung. Es ist in der
That befremdend, wie wenig die frühere Jurisprudenz sich
dieser für den Verkehr so außerordentlich wichtigen Frage be-
wußt geworden, ja ihr fast geflissentlich aus dem Wege ge-
gangen ist, und man möchte fast bedauern, daß die Compila-
toren über dieselbe keine widersprechenden Stellen ausgenom-
men haben, um dadurch die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.
Das Qucllenmaterial ist ungemein dürftig, es beschränkt sich
auf die I. 35 §. 7 de cont. eml. (18. 1) 1. 5 de peric.
(18. 6), 1. 2 Cod. ibid. (4. 48)2); ich meinerseits werde
später noch die I. 12, 13, 14 de peric. hinzufügen, allein
die Beziehung dieser Stellen auf unsere Frage muß mehr in
sie hineingetragen werden, als daß sie in ihnen klar ausge-
sprochen wäre.
Die stiefmütterliche Behandlung unserer Frage in der post-
justinianischen Zeit beginnt bereits mit den Basiliken. Die
Verfasser derselben scheinen es nicht der Mühe werth gefunden
zu haben, dieselbe näher zu berücksichtigen, denn in dem Titel
de periculo et commodo (XIX. 6) haben sie gerade dieje-
nigen Stellen aus dem betreffenden Pandekten- und Codertitel
2) Die übrigen Stellen, welche das admelin', adpendere, sdoume-
rsre und die mensura erwähnen, so die l. 34 §. 5, I. 35 §. 5, 6 de
cont. emt. (18. 1) 1. 1 §. 1 1. 10 §. 1 de peric. (18. 6) haben den
Fall einer verkauften Species (dieses Fasses Wein) im Auge,
welche zum Zweck der Ermittelung des für eine bestimmte Maßein-
heit gesetzten Preises zugemessen u. s. w. werden soll, (emlio ad men-
suram) und können nur mittelbar benutzt werden.