Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 24 (1872))

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Oesterreich. Art. 427.

zu interpretiren, daß der Ausdruck „böslich" Hierlandes nicht ge-
bräuchlich und insbesondere auch der ganzen österreichischen juristi-
schen Terminologie fremd sei, daß demnach der Ausdruck „böslich"
einen dem Handelsgesetzbuche eigenthümlichen Begriff nicht be-
zeichnen könne, und daß daher auf die Subsidiarquelle des Han-
delsgesetzbuches, welche das allgem. bgl. Gesetzbuch ist, zurückge-
gangen werden müsse. Der § 1294 des Letzteren*) keime aber
nur die böse Absicht und das Versehen. „Böslich" koincidire daher
mit „böser Absicht."
Das Wiener Oberlandesgericht erklärte unter Auf-
hebung des ersten Urtheiles die Eisenbahnanstalt nur für schuldig,
den von ihr angebotenen Normalsatz ohne Verzugszinsen und Kosten
zu bezahlen und der oberste Gerichtshof bestätigte dieses Er-
kenntniß in der Erwägung:
Daß das allgem. Handelsgesetzbuch eine nähere Bestimmung
des Begriffes „bösliche Handlungsweise", von welcher in Absicht
auf die Haftungspflicht des Frachtführers im Art. 336 und in
Bezug auf das Frachtgeschäft der Eisenbahnen speziell im Art. 427
die Rede ist, nicht enthält; daß zur Erklärung dieses Be-
griffes daher nach Art. 1 des Handelsgesetzbuches auf
die Bestimmungen des allgem. bgl. Rechtes zurückzu-
gehen ist, nach diesem aber (§ 1294 des allgem. bgl. Gesetz-
buches), die widerrechtliche, willkührliche Beschädigung entweder in
einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen,
oder in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer. Unwissenheit,
aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen
Fleißes verursacht wurde, gegründet ist;
in der Erwägung, daß, da in Absicht auf die Ersatzpflicht
des Frachtführers für die Beschädigung des Frachtgutes in dem
Art. 396 und 427 des Handelsgesetzbuches der Fall einer
*) §. 1294 des allgem. bgl. Gesetzbuches lautet: „Der Schade entspringt
„entweder aus einer widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung eines An-
„dern. Die widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkürlich oder un-
„willkürlich zugesügt. Die' willkürliche Beschädigung aber gründet sich theils
„in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen, theils in
„einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit, oder aus Mangel
„gehöriger Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes vernrsacht worden ist.
„Beides wird ein Verschulden genannt."

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