Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 2 (1864))

Feststellung des Begriffes „Zweigniederlassung "

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die Gesellschaft als solche, die Zweigniederlassung berührt sie nur in
ihren handelsgewerblichen Unternehmungen.
Nimmt man dagegen an, durch Begründung einer Zweignieder-
lassung würde der Sitz der Gesellschaft verlegt oder ein neuer Sitz
begründet, so würden die Bedeutungen der Worte Sitz, Hauptnieder-
lassung und Zweigniederlassung in Eins zusammenfallen; die No-
menclatur wäre eine leere.
Gesetzt weiter, es hieße in den Statuten einer neu errichteten
handeltreibenden Actiengesellschaft:
„Der Gesellschaftsvorstand ist ermächtigt, an anderen Orten
Zweigniederlassungen zu begründen" — er thäte dies demnächst;
sollte dies nun auf den Sitz der Gesellschaft etwa von Einfluß sein?
Die Begründung einer Zweigniederlassung ist Sache des Ge-
schäftsbetriebes und nicht der Verfassung der Gesellschaft und die
Frage über das Vorhandensein ist deshalb nicht Sache der Gesetzes-
oder Statuten-Auslegung, sondern Thatfrage.
Die Erfordernisse einer Zweigniederlassung anlangend hat sich
das.Königl. Kammergericht in einem andern Erkenntniß die gleiche
Frage behandelnd mit dem oben mitgetheilten in Uebereinstimmung
weiter dahin ausgesprochen:
„Es kann, da das H.-G.-B. den Ausdruck „Zweigniederlassung"
nirgends näher definirt hat, zur Erklärung desselben nur auf den ge-
wöhnlichen Wortlaut zurückgegangen werden; danach ist aber jedenfalls
anzunehmen, daß durch diesen Ausdruck nicht blos der Wohnort eines
Handlungsbevollmächtigten oder Agenten, sondern ein, wenn auch
von der Hauptniederlassung abhängiges, doch durch ein Vorstands-
mitglied oder einen Procuristen verwaltetes selbstständiges Etablisse-
ment einer Handlung oder Actiengesellschaft hat bezeichnet werden
sollen."
Die Praxis stimmt mit dieser Ansicht nicht überein; es gibt
Hauptgeschäfte, welche lediglich durch Handlungsbevollmächtigte ge-
leitet werden, denn der Fall, daß den minderjährigen Geschäftsin-
habern zur Fortsetzung des ererbten Geschäftes ein Handlungsbevoll-
mächtigter bestellt wird (Art. 21 des Eins.-Ges.), ist kein seltener.
Warum soll nun nicht ein Handlungsbevollmächtigter einer Zweig-
niederlassung vorstehen können? ThaLsächlich ist dies dann auch der
Fall. Die Handlung M. & Co. hatte zu Berlin seit Jahren eine

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