Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 2 (1864))

Uebet die Wirkung der Factura bei unbestellt zugesendeten Maaren. 117

Frage, ob im Falle der Zusendung unbestellter Waaren die
14tägige Frist zur Erhebung von Reclamationen vom Tage
des Empfangs der Factura oder der Waaren an zu berechnen
sei, näher dahin bestimmt hat, daß sie hiemit nur ihre Ansicht
und Rechtsüberzeugung habe aussprechen, nicht aber das Be-
stehen einer Handelsgewohnheit, von welcher ihr vielmehr
nichts bekannt sei, habe constatiren wollen, so kann die Exi-
stenz eines Gewohnheitsrechts, welches den Beginn der Frist
in der vom Kläger E. M. behaupteten Weise festsetzt, nicht als
erwiesen angenommen werden. In Ermangelung eines sol-
chen aber ist es nicht gerechtfertigt, dieselbe vom Tage des
Empfangs der Factura an zu berechnen. Der Grund, welchen
die Handelskammer für ihre Ansicht anführt, daß der Em-
pfänger schon aus der Factura ersehen könne, ob hinsichtlich
der Quantität der Vertrag erfüllt sei, ist nicht ganz zutreffend;
denn es liegt die Möglichkeit eines Jrrthums in der Factura
vor, welchen zu vermuthen der Empfänger um so mehr Ver-
anlassung hat, wenn das berechnete Quantum mit der Bestel-
lung im Widerspruch steht; überdieß ist auch deßhalb für ihn
von Werth, erst den Empfang der Waaren abzuwarten, weil
die Qualität derselben möglicherweise auf seinen Entschluß,
das unbestellte Quantum anzunehmen oder zurückzuweisen,
von bestimmendem Einfluß sein kann. Es erscheint hiernach
genügend, wenn der Empfänger seine Reclamationen, wie ge-
gen die Qualität so auch gegen die ihm nicht convenirende
Quantität binnen 14 Tagen vom Empfang der Waaren
an erhebt. Eine weitergehende Verpflichtung läßt sich aus
den gegenseitigen Rücksichten, welche der Handelsverkehr er-
fordert, nicht ableiten."
(Erkenntniß des K. Gerichtshofs in Ulm vom 8. Septbr. 1863.)
In die dritte Instanz konnte wegen zu geringer Streitsumme
nicht appellirt werden.

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