Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 2 (1864))

116 Ueber die Wirkung der Factura bei unbestellt zugesendeten Maaren.
Während der Jnstruirung des Processes in zweiter Instanz ent-
stand gegen das von der Privathandelskammer in St. abgegebene
Gutachten das Bedenken, daß dieselbe nur ein Verein von Privat-
personen und zu Ausstellung von Gutachten nicht wie die durch die
K. Verordnung vom 19. Septbr. 1854 errichteten Handels- und Ge-
werbekammern öffentlich autorifirt sei, und es wurde deßwegen und
auch aus Einwendung des Beklagten ein weiteres Gutachten von der
Handels- und Gewerbekammer in U. eingeholt.
Die derselben vorgelegte Frage:
„ob in einem Falle, wo einem Käufer ein größeres Quantum
von Maaren, als er bestellt hatte, zugesandt werde, die zur
Erhebung von Reclamationen bestehende Frist von 14 Tagen
nach Handelsgebrauch vom Tage desEmpfangsderWaare
oder demjenigen des Empfangs der Factura an zu be-
rechnen sei?"
wurde dahin beantwortet:
„Nach unserer Ansicht ist die gewohnheitsrechtlich festge-
stellte 14tägige Frist zur Erhebung von Reclamationen immer
von dem Zeitpunkte an zu berechnen, von welchem an der
Empfänger in der Lage war, zu erkennen, ob die ihm zuge-
sandte Waare den durch den Vertrag begründeten Anforde-
rungen entspricht oder nicht. Wenn daher, wie im vorliegen-
den Falle, die Einwendungen des Empfängers blos gegen die ihm
gesendete Quantität gerichtet sind, so war er schon durch
den Empfang der Factura in die Lage versetzt, zu prüfen und
zu erkennen, ob bezüglich der Quantität der Vertrag gehörig
erfüllt ist oder nicht; die Frist zur Erhebung dieser Reclama-
tion ist daher auch vom Tage des Empfangs der Factura an
zu berechnen."
Gegen dieses Gutachten wurde von I. R. Verwahrung dahin
eingelegt, daß dasselbe gegen Theorie und bisherige Praxis verstoße
und einen für den Handelsverkehr sehr gefährlichen Grundsatz auf-
stellen und namentlich Landkrämer der Chikane von Seiten der Kauf-
leute in hohem Grade Preis gebm würde.
Von dem K. Gerichtshöfe wurde nun in den Entscheidungs-
Gründen zu dem Erkenntnisse vom 8. Septbr. 1863 ausgesprochen:
„Nachdem die Handelskammer zu U. ihr Gutachten über die

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