Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 20 (1871))

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Königreich Preußen. Art. 280. 281.

daß der Empfehlende gleich dem Bürgen subsidiär haftet, d. i. für
dasjenige einsteht, was vom Kreditsuchenden nicht zu erhalten ist.
Nach §§ 702—705, Tit. 8, Th. II 1. c. sind Kaufleute schul-
dig , Aufmerksamkeit anzuwenden, daß nicht andere Kaufleute durch
ihre Empfehlungen verleitet werden, sich mit unsicheren Personen
in Handelsgeschäfte einzulassen; hat ein Kaufmann Jemanden in
mißlichen Vermögensumständen oder unzuverlässigen Charakter einem
anderen Kaufmann wider besseres Wissen oder aus einem bei An-
wendung der gewöhnlichen Aufmerksamkeit zu vermeidenden Jrrthum
als einen sicheren guten Mann empfohlen, so haftet er für den
bei den hierdurch veranlaßten Geschäften entstandenen Schaden,
jedoch nur aus grobem Versehen, wenn-die Empfehlung aus vor-
hergegangene Anfrage ertheilt ist. Der Kaufmann hastet also gegen-
über einem anderen Kaufmann bei einer Empfehlung ganz all-
gemein und unter allen Umständen für ein grobes Versehen. Die
§§ 702—705 1. c. sind zwar als positive Gesetzesvorschriften seit
der Einführung des H.-G.-B.s aufgehoben, sie enthalten aber nur
solche Grundsätze, welche bei der Emanation d. a. L.-R. geltendes
Recht gewesen sind, dem allg. Handelsrecht damals angehört haben
und noch angehören und sowohl wegen ihrer Uebereinstimmung
mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts, namentlich den be-
treffenden Bestimmungen der Tit. 6. 13 und 14, Th. I des a.
L.-R. als wegen ihrer ans das Bedürfniß des Handelsverkehrs
und den allgemeinen Gebrauch zurückzusührenden Begründung noch
als gültig anzuerkennen sind, und es kann hiernach keinem Zweifel
unterworfen sein, daß Beklagte, wenn sie den Richter wissentlich
oder aus grobem Versehen irrend empfohlen hat, für den hierdurch
entstandenen Schaden haftet.
x' Was unter Rath und Empfehlung zu verstehen ist, ergibt sich
aus der Bedeutung, welche der allgemeine Gebrauch, namentlich
unter Kaufleuten, in diese Worte hineinlegt, und in Uebereinstim-
mung hiermit geben auch die vorerwähnten Gesetzstellen dafür
einen Anhalt. Es ist nicht nöthig, daß ausdrücklich ein Rath er-
theilt oder eine Aeußerung in der Form einer Empfehlung ge-
kleidet ist; sondern es genügt, daß die Erklärung des Empfehlenden
die Bedeutung und vorauszusehende Wirkung einer Empfehlung
hat, weil es nicht auf die Form, sondern auf die innere Bedeu-

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