Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 23 (1871))

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'Königreich Preußen. Art. 328—331

weil im Interesse der Einheit der Gesetzgebung eine durchgreifende
und klare Bestimmung erforderlich sei. Ist nun auch das Ge-
schäft nach allen Börsenusanzen abgeschlossen, so kann doch hieraus
nur gefolgert werden, daß die 'gesetzlich zu lässigen Usancen zur
Anwendung kommen sollten, nicht aber, daß sich die Kontrahenten
auch einem bestehenden Handelsmißbrauch haben unterwerfen wollen.
Hiernach war, wenn die Erfüllung des Vertrags unterblieb,
nicht Verklagter, sondern der Kläger im Verzüge, da er sich ge-
ständlich bei dem Verklagten zur Uebernahme der Papiere nicht
eingefunden hat."
Es sei hierbei bemerkt, daß die vorstehenden Grundsätze für
die Mitglieder des Liquidations-Vereins für Zeitgeschäfte an der
Berliner Fondsbörse*) außer Anwendung bleiben müssen. Durch
die Regulirung im Liquidationsvereine erhält jeder Verkäufer
einen Empfangszettel vom Käufer au portem* gestellt. Der Käufer
erwartet nun demjenigen, welcher unter Vorlegung des Scheins sich
als Lieferant vorstellt; der Käufer hat also nicht im Geschästs-
lokal des Verkäufers abzunehmen und zu diesem Zweck sich dort
einzufinden, denn durch die Regulirung im Liquidationsverein
erfolgt die Erfüllung des Geschäftes durch einen einstweilen unbe-
kannten Dritten.
Ein Verzug des Käufers würde also nur dann eintreten,
wenn er trotz des ihm in seinem Geschäftsraum gemachten
Angebots nicht abnimmt. h.
Art. 328-331.
Ultimo als Zeitbestimmung für Lieferungsgeschäste;
Wirkung der Festsetzung eines Liquidationskurses.
(Original-Beitrag.)
Erk. des Kammergerichts zu Berlin vom 13. Mai 1871.
Die Klägerin hatte dem Verklagten an Berliner Börse Lom-
barden per ultimo April 1870 verkauft. Mangels Abnahme
verlangte Klägerin die Differenz zwischen dem Kaufpreise und dem
am 29. April erzielten Kaufpreis, wurde hiermit jedoch durch Er-
kenntniß des Kammerger. in Berlin vom 13. Mai 1871 abewiesen
*) Die Statuten dieses Vereins sind abgedruckt in Goldschmidt und La-
band's Zeitschrift für Handelsrecht Bd. 14. S. 468.; Saling die Börsen-
Papiere. B. 1. S. 494.

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