Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 11 (1867))

Ueber unbestimmte Befristungen, besonders beim Handelskäufe. 99
nähme der Waare und Zahlung des Kaufpreises ist aber in absolut
freie Willkühr des letzteren gestellt. Ob und wann die8 cedit et venit
und actio nata est, steht ganz in dem subjectiven Ermessen des
Schuldners. Erklärt er sich gar nicht, so ist mit seinem Tode in
Wirklichkeit das ganze Geschäft erloschen. Hier trifft also die von
Paulus in fr. 46, § 2, D. 45. 1. (siehe oben S. 93) gegebene
Regel zu.
Aehnlicher Natur sind die sogenannten negotia claudi-
cantia, über deren rechtliche Natur die Meinungen auch sehr weit
auseinandergehen. *) Hier ist bei Abschließung des Vertrages wegen
eines entgegenstehenden Ungültigkeitsgrundes für eine der vertrag-
schließenden Parteien eine Verbindlichkeit nicht zu Stande gekommen.
Die andere Partei ist aber gebunden, und es hängt von der absolut
freien Willkühr der nicht verbundenen Partei resp. ihrer Vertreter
ab, ob der Vertrag in Vollzug gesetzt, und sie sonach verpflichtet sein
soll, oder nicht.
Ueberhaupt können die Parteien beijedemRechtsgeschäst,
soweit dessen Essentialien nicht (wie beim Wechsel) entgegenstehen,
verabreden, daß die Fälligkeit der einen oder anderen Leistung ganz
in der Willkühr des Schuldners (si voluerit et cum voluerit)
stehen solle. Wer sich verpflichten kann, ohne alles Aequivalent, oder
doch gegen eine wegen ihrer Geringfügigkeit nicht dafür anzusehende
Gegenleistung, (nurnrno uno) zu leisten — der kann sich auch an-
heischig machen, gegen eine dem Betrage, der Zeit oder auch der
Existenz nach ganz in die Willkühr der anderen Partei gestellte Gegen-
leistung (ein vom Gegner zu bestimmendes x) zu leisten. Von Wind-
scheid (Pandekten, § 93, Note 1, § 387, Bd. I, S. 212; Bd. II,
Abth. 2, S. 71) und von Endemann (Handelsrecht, § 107,
Note 7, S. 515) werden dergleichen Verträge als gültige, und nach
dem Principe der Verkehrsfreiheit zu schützende ausdrücklich bezeichnet.
Der Richter wird aber hier genau zu prüfen haben, ob die Per-
fection des ganzen Geschäfts oder nur die Obligation der einen
Partei von deren Willkühr abhängig gemacht ist. Im ersteren Falle
liegt ein negotium imperfectum vor, wie beim Kauf auf Probe,
*) Sintenis, Civilrecht, § 17, Note25, Bd. I, S. 140. — Windscheid,
Pandekten, §321, Bd. II, Abthl. I, S. 202. — Förster, preuß. Privatrecht,
§ 26.73. Bd. I, S. 134. 394. — Gruchot, Beiträge, Bd. I, S. 312 flg.

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