Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 15 (1869))

Königreich Preußen. Art. 395. 401. 402 flg.

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Klägerin zur Verfolgung des Klageanspruchs geschaffen wurde,
letzteres vielmehr derselben aus dem Frachtverträge selbst zu-
steht, so wird durch den Umstand, daß die Empfänger ihre
durch den Besitz des Frachtbriefs erlangten Rechte erst nach
Anstellung der Klage abgetreten, keine Aenderung des Klage-
fundaments hervorgebracht, sondern nur dem Einwande der
Verklagten die Grundlage entzogen, daß sie durch die Ueber-
gabe des Frachtbriefs an die Empfänger an deren Anweisungen
betreffs des Frachtguts gebunden sei. Durch die Entkräftung
dieses Einwandes fällt also jeder Grund zur Bemängelung der
Legitimation der Klägerin zur Sache hinweg.
Ebenso unbegründet ist der ans der Bestimmung des § 22,
No. 1, c. des allegirten Betriebs-Reglements: „daß die Eisen-
bahn überhaupt nicht für Leckage hafte" hergenommene Ein-
wand. Das Reglement überschreitet in dieser Beziehung die
ihm durch die Art. 423 und Art. 424 gezogene Grenze; denn
nach Nr. 4 des letztern Artikels ist die Ausschließung der Haft-
barkeit der Eisenbahnverwaltung nur in Ansehung derjenigen
Güter gestattet, welche vermöge ihrer eigenthümlichen Be-
schaffenheit der besonderen Gefahr einer außergewöhnlichen
Leckage ausgesetzt sind. Von der Verklagten ist aber nicht dar-
gethan, daß der Sprit einer solchen außergewöhnlichen Leckage
ausgesetzt gewesen sei.*)
*) Der erste Richter führt dieß näher aus. Leckage nach dem technischen
Begriff und dem § 22, Nr. 1 des Reglements ist das Dringen der Flüssigkeit durch
die Fugen des Gebindes ohne äußere Beschädigung. Weder dieses Reglement noch
das H.-G..B. gibt einen Begriff für gewöhnliche und außergewöhnliche Leckage.
Unter Berücksichtigung des § 22, No. 8 des Reglements in Verbindung mit Art.
426 des H.-G.-B. ist aber unter gewöhnlicher Leckage eine solche zu verstehen,
welche den bestimmten Normalsatz für Verlust am Gewicht oder Maß nicht über-
steigt. Dieses normalmäßige Untermaß, welches bei dem Transport von Flüssig-
keiten in Fässern entsteht, ist in dem Reglement Ivo. oit. auf 2 Procent des im
Frachtbriefe declarirten Gewichts festgesetzt. Aus dem Gegensatz ergibt sich der
Begriff der außergewöhnlichen Leckage. Hiernach hatte Verklagte den Nachweis
zu führen, daß nach den Umständen des conereten Falls durch die eigenthümliche
Beschaffenheit des Sprits ein sehr erhebliches Llrmov (welches die Hälfte des
Inhaltes im Gebind überstieg) entstehen konnte. (Vgl. G o ldschmidt, Zeitschr.,
Bd. X, S. 162.) Dieser Beweis ist nach den Aussagen der vernommenen Sach-
verständigen nicht erbracht. Dieselben bemerken, daß der Sprit im Winter sich

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