Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 15 (1869))

Die kaufmännische Dispositionsstellung.

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stände, und ob diese die sofortige Untersuchung thunlich hatten er-
scheinen lassen oder nicht?) Es muß hier namentlich darauf hinge-
wiesen werden, daß es nicht fehlen kann, daß der durch den Art. 347
recipirte bez. codificirte Rechtssatz, der durchaus der kaufmännischen
Rechtsanschauung entspricht, sich auch in Verkehren des gewöhnlichen
bürgerlichen Lebens immer mehr Bahn brechen und den Platzhandel
bald ganz beherrschen wird.4 5) Ohnehin hat ja der Verkäufer in beiden
Fällen das gleiche Interesse bald möglichst zu wissen, ob die Waare ge-
billigt oder mißbilligt werde und warum, sowie der Verkäufer noch mehr
dabei interessirt ist, daß der Käufer die Waare nicht erst bei der zu
seinem Ungunsten umgeschlagenen Conjunctur beanstande. Alle diese
Erwägungen haben schon früher ähnlichen Grundsätzen, wie sie der
Art. 347 aufstellt, auch für deu Platzhandel Geltung verschafft.6)
Wenn indessen nach den Bestimmungen des a. d. H.-G.-B. der
Verkäufer für alle Mängel haftet, welche bei Ablieferung der Waare
an den Käufer sich zeigen, und der Verkäufer in der Regel den Be-
weis der untadelhasten Beschaffenheit der Waare bei der Absendung
übernehmen muß,7) so dürfte sich doch ein Gleiches nicht in Bezug
auf den Platzhaudel behaupten lassen, da gemeinrechtlich der Ver-
käufer nur für die Mängel haftet, welche erweislich schon bei Ein-
gehung des Vertrags vorhanden waren,«) und hiervon abzuweichen
um so weniger eine Veranlassung gegeben ist, als es doch unzweifel-
haft die ordnungsmäßige Regel bildet, daß bei dem Platzhandel der
Käufer die Waare besichtigt und untersucht, ehe er sie in Empfang
nimmt.
Sowohl bei dem Platz- als bei dem Distancehandel dürfte aber
auch heute noch die gemeinrechtliche Bestimmung Anwendung finden,
daß der Verkäufer diejenigen Mngel oder Fehler nicht zu vertreten
4) Appell. - Gericht Marienwerder in Busch, Archiv f. H.-R., VI, S. 281.
b) Hoffmann, a. a. O. Anm. 17; Auerbach, a. a. O., S. 183.
6) O.-A.-G. zu Lübeck in der Sammlung f. Franks. Rechtsfälle, III, S. 276
und Seuffert, Archiv, IV, S. 47. Dieß gilt namentlich von verborgenen
Mängeln; Seuffert, Pand, II, S. 90; Th öl, a. a. O., § 84; Nürnberger
Prot., S. 657; meine Abh. im Centralorgan, N. F., I, S. 198. Wegen ab-
weichender Ortsgebräuche siehe Nürnberger Prot., S. 651 und 4584.
7) Mein Aufsatz im Centralorgan, N. F., I, S. 195; Koch, im Archiv für
W.-R., IX, S. 173; v. Kräwel, ebendas. VIII, S. 427.
fr. 16 & 54 aed. ed. 21, 1; fr. 4 de probat. 22, 3; c. 3 aed. act. 4, 58.

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