Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 15 (1869))

Ueber Hypotheken-Banken.

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liegen muß, Gelddarlehen zu erhalten,23) und daß ebenso ganz enorme
Summen auf sehr leichte Weise dem Grundbesitzer zugeführt werden,
welche sonst wohl den Staats-Effecten und gewinnbringenden indu-
striellen Unternehmungen zügeflossen sein würden. Der Landwirth
kommt sehr häufig in die Lage, Geld borgen zu müssen, theils um sich
das erste Anlage-Capital zum Erwerbe von Landgut zu verschaffen,
wobei er Kaufgelder oder Abfindungen an Miterben oder bereits vor-
handene Schulden zahlen soll, theils um ein Betriebs-Capital zur
Anlegung von landwirthschaftlichen Verbesserungen, Errichtung von
Gebäuden und Vermehrung des Viehstandes, theils um eine Unter-
stützung zur Ueberstehung von Unglücksfällen oder ungünstigen Zeit-
verhältnissen zu erhalten.^) Die größere Menge von Capitalisten,
besonders solcher, die beträchtlichere Summen auszuleihen im Stande
sind, wird sich aber nicht leicht entschließen, ihr Geld auf Hypotheken
herzugeben? weil es immerhin in der Regel schwerer hält, das Geld
für den Fall des eigenen Bedarfes oder der Aussicht einer mehr ge-
winnbringenden Anlage wieder zurückzuerhalten. Denn die Hypo-
thekurkunde ist kein negociables Papier und kann nur durch Cession
übertragen werden. Cessionäre finden sich aber nicht leicht, weil
hier stets nähere Kenntniß der persönlichen Lage des Schuldners er-
forderlich ist und außerdem erst ein Eintrag in das Hypotheken-Buch
erfolgen muß, wenigstens wenn die Cession Dritten gegenüber soll
geltend gemacht werden können, ja nach der sächsischen Gesetzgebung
sogar, um der Cession überhaupt Gültigkeit zu verschaffen.^) Aller
dieser Gefahren und Unannehmlichkeiten und gar der Plackereien in
dem in den meisten Ländern äußerst schleppenden und allen Chicanen
ausgesetzten Executions-Verfahren ist nun der Capitalist enthoben,
wenn er sein Capital auf Staatspapiere, Eisenbahnen oder sonstige
industrielle Unternehmungen ausleiht, wobei er auf den sicheren und

2S) Besonders in Nord- und Ostdeutschland; vergl. Fauch er, die Hppotheken-
Noth in Norddeutschland in dessen Vierteljahrsschrift für Volkswirthschaft, 1867,
Bd. IV, Nr. 4.
24) Rau, Lehrbuch dey^ Politischen Oekonomie, Bd. II, § 110, S. 193
(3. Ausgabe). Kohlschütter im Archiv der politschen Oekonomie von Rau und
Hanßen, N. F., Bd. I, von 1843, S. 224 flg.
25) Dasbürgerl. Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 u. 65, § 438.
Rachel, die Realcreditfrage, Leipzig, 1868, S. 9.

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