Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 15 (1869))

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Königreich Bayern. Art. 348.

Wein als unrein und gefälscht am 8. Juli 1866 oder zwei Tage
später dem Kläger zur Verfügung gestellt worden sei, wobei er jedoch
zugab, daß er die 4 Fässer, in welchen er den Wein erhalten, dem
Kläger zurückgesendet habe. Aus der Zurücksendung der Fässer hat
aber das k. Handelsgericht die nachträgliche Annahme des Weines
gefolgert und deßhalb unter Verwerfung jenes Einwandes den Ver-
klagten sofort zur Zahlung der fraglichen Sendung verurtheilt.
Nach Art. 348 d. allgem. d. H.-G.-B. ist nun der Käufer, wenn er
eine ihm übersendete Waare beanstandet, allerdings verpflichtet, für
die einstweilige Aufbewahrung derselben zu sorgen. Die Anzeige
von der Nichtannahme der gesendeten Waare schließt es jedoch noth-
wendig in sich, daß der Empfänger jeder über die einstweilige
Aufbewahrung hinausgehenden Verfügung sich enthalte, da durch
die Anzeige der Nichtannahme die Waare als Eigenthum des Ver-
senders erklärt wird. In dem Umfüllen des Weines in die Fässer
des Verklagten und in der Zurücksendung der Fässer des Klägers ist
aber unzweifelhaft eine über die einstweilige Aufbewahrung weit
hinausgehende Handlung, nämlich eine Verfügung des Verklagten
über den Wein, enthalten, weil nun derselbe nicht mehr im Stande ist,
den Wein in der Art, wie er ihn empfing, zurückzugeben. Um den
Wein zu proben, war auch ein Umfüllen desselben durchaus nicht ge-
boten, sondern es mußte derselbe nach dem Transport einige Zeit
ruhig auf dem Fasse liegen bleiben. Das Umfüllen ist gerade bei dem
Weine eine keineswegs bedeutungslose Handlung, denn einestheils ist
die unversehrte Aufbewahrung des Weines in den Gebinden nicht nur
ein wesentliches Merkmal der Identität und ein Schutz gegen eine
Alteration, sondern es ist auch für den Wein selbst von besonderem
Einfluß, auf welchem Faß er liegt, da der Wein bekanntermaßen durch
schlechte oder unreine Fässer bedeutend verdorben werden kann. Es
ist dieß auch eine so bekannte Thatsache, daß Verklagter als Wein-
händler am wenigsten darüber im Zweifel sein konnte.
Mit dem Umfüllen des Weines ohne ausdrückliche Zustimmung
des Klägers oder ohne dringende Noth hat daher Verklagter, auch
wenn er zuvor den Wein zur Verfügung gestellt haben sollte, denselben
thatsächlich angenommen, somit seine frühere Erklärung jedenfalls
zurückgenommen und ist deßhalb gehalten, den empfangenen Wein
nunmehr zu behalten und zu bezahlen.

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