Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 5 (1865))

Großherzogthum Hessen.

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6. Der Bergwerksbetrieb gehört, wie von dem Gr. Hof-
gerichte zu Gießen ausgeführt wurde, an und für sich nicht zu den
Handelsgeschäften. Unter dem „Anschaffen beweglicher Sachen" des
Art. 271, Nr. 1 des H.-G.-B. kann man nicht das Fördern von Erz
und Mineralien aus dem Erdboden begreifen, vielmehr ist darunter
nur das Erwerben auf dem Wege des Kaufes, Tausches oder sonstiger
Verträge, welche in dieser Beziehung dem Kaufe gleich stehen, also
einer abgeleiteten Erwerbsart, nicht aber die ursprüngliche Förderung
von Mineralien an das Tageslicht zu verstehen. Der gewöhnliche
Sprachgebrauch*) ist in dem Gesetze beibehalten worden, wie sich klar
aus den Motivendes preußischen Entwurfes **) ergibt, wo es heißt: Es
ist nicht nothwendig, daß der Kaufmann die beweglichen Sachen, welche
er weiter veräußert, gerade durch Kauf erworben habe; der Erwerb
kann vielmehr auch durch Tausch oder andere Verträge vermittelt
worden sein. Deßhalb ist der allgemeine Ausdruck: „oder in anderer
Weise anschafft" gewählt worden. Dagegen ist es erforderlich, daß
der Kaufmann die beweglichen Sachen angeschafft und nicht selbst er-
zeugt habe; ein Gutsbesitzer, welcher selbstgebautes Korn oder Spi-
ritus, den er aus selbstgezogenen Früchten gewonnen hat, — ver-
äußert, wird dadurch noch nicht zu einem Kaufmann.
Ebensowenig, als die Gewinnung des Rohproductes durch den
Bergbau, kann der H ü t t e n b e t r i e b an sich zu den Handelsgeschäften
gerechnet werden, wenn nämlich allein das von dem Bergwerks-In-
haber gewonnene Erz ausgeschieden oder geschmolzen wird; denn sonst
müßte man auch den Landwirth, der die gewonnenen Körner ausdrischt,
schon deßhalb als Kaufmann behandeln. Werden aber zum Hütten-
betriebe etwa noch anderwärts Roherze angeschafft, oder ist die An-
schaffung anderer Erze, wie namentlich bei dem Garmachen von Kupfer
oft vorkommt, — nothwendig, so würde allerdings je nach dem Um-
fange des Betriebes ein Handelsgeschäft vorliegen. So unterliegt es
keinem Zweifel, daß Unternehmer von Eisenhämmern, welche das
Roherz von den Bergwerks-Besitzern anschaffen, um es unter den
Hammer zu bringen, als Fabrikanten erscheinen.***) In den Ver-
*) Grimm, deutsches Wörterbuch s. v. anschaffen.
**) Zu Art. 2, No. 1, S. 5, welcher Art. dem Art. 271, Nr. 1 de« allgem.
deutschen H.-G.-B. entspricht.
***) Vgl Motive zum preußischen Entwürfe, S. 6, No. 2.
Archiv für deutsches Handelsrecht. Bd. V. 82

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