Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 16 (1869))

Königreich Württemberg. Art. 856. 357.

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werden können. Daß das Getreide ein Verkehrsobject ist, welches
nach Umständen nicht unbedeutenden Preisschwankungen unterliegt,
ist zwar notorisch, es ist aber nicht behauptet worden, daß der Markt-
preis der von dem Beklagten zu liefernden Getreidegattung in der
Zwischenzeit zwischen dem Lieferungstage und der Zeit, zu welcher die
Kläger erklärt haben, vom Vertrage nun ihrerseits abgehen und
Schadensersatz fordern zu wollen, so sehr gesunken seien, daß die ver-
spätete Lieferung für die Kläger einen erheblichen Minderwerth ge-
habt hätte, noch weniger haben die Kläger dargethan, daß sie nicht
einen etwa durch den Verzug des Beklagten ihnen erwachsenen Scha-
den neben der Lieferung des Kaufsobjects hätten klagend verfolgen
können. Im Gegentheile haben die Kläger selbst ihre Auffassung des
Vertrags damit kundgegeben, daß sie noch 3 Wochen nach Umfluß
der Lieferfrist den Beklagten an die Vertragserfüllung mahnen ließen,
also hiemit sich bereit erklärten, auch jetzt noch die Lieferung anzu-
nehmen, ohne ihr Recht des Rücktritts geltend zu machen.
Nach dem Ausgeführten war der Vertrag am 17. October kein
Fixgeschäft und kommen demnach den Klägern die Bestimmungen des
Art. 357 des H.-G.-B. nicht zu gut.
II. Der Art. 356 des H.-H.-B. anerkennt an sich den Grund-
satz des gemeinen Rechts, daß aus einem Vertrage zunächst auf Er-
füllung zu klagen ist, stellt jedoch dem Berechtigten anheim, beim
Verzug des Verpflichteten vom Vertrage abzugehen oder statt der Er-
füllung Schadensersatz zu verlangen. Hiebei schreibt aber das Gesetz
vor, daß dieß dem säumigen Centrahenten angezeigt und ihm, wenn
die Natur des Geschäfts es zuläßt, noch eine den Umständen ange-
messene Frist zur Nachholung des Versäumten gewährt werde. Es
kann nicht bezweifelt werden, daß von der Einhaltung dieser Vorschrift
die Berechtigung abhängig gemacht werden wollte, auf Schadensersatz
statt der Erfüllung des Vertrags Anspruch zu erheben.
Wollte man nun auch in dem Anträge der Kläger an das
Schultheißenamt W. vom 19. December v. I., den Bekl. anzuhalten,
daß er die Lieferung „unverzüglich" zu machen habe, noch eine Frist-
verwilligung an den Beklagten finden, so fehlt es doch diesem Anträge
an jeder Andeutung darüber, daß die Kläger im Fall längeren Ver-
zugs Schadensersatz statt Lieferung in Anspruch nehmen werden, viel-
mehr kann die folgende Drohung mit Klage bei dem Handelsgerichte
Archiv für deutsches Handelsrecht. Bd. XVI. 3

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