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Königreich Bayern. Art. 272. 57.
sam gegen diesen verpflichtet, während man bei dem Kläger wohl von
einer vertragsmäßigen Verpflichtung, die er übernommen hat, so
wenig aber, wie bei dem Arzte oder dem Advocaten, von einem Ge-
horsam sprechen kann, der dem gegentheiligen Contrahenten zu
leisten wäre.
Der Zuhilfenahme einer Analogie bedarf es indessen nicht, denn
der Vertrag, durch welchen, wie in dem vorwürfigen Falle, Dienste,
die nicht zu den locari solitae gehören — operae liberales —, für
eine Gegenleistung versprochen werden, ist ein selbstständiger, der
auch im römischen Rechte ungeachtet des Mangels einer besonderen
Bezeichnung anerkannt ist, wie z. B. die für Fälle solcher Art zu-
gesicherte extraordinaria cognitio
cfr. D. L. 50, tit. XIII de extraordinaria cognitione
entnehmen läßt.
Für die heutigen Verhältnisse hat jedoch der römisch-rechtliche
Unterschied zwischen operae liberales und illiberales jede Bedeu-
tung verloren, denn abgesehen von den aus der Beschaffenheit der
Dienste von selbst sich ergebenden Modificationen besteht in der recht-
lichen Beurtheilung des Freidienstvertrages gegenüber dem Lohn-
dienstvertrage kein Unterschied mehr.
Vergl. Dresdener Prot., S. 2275.
Ist nun als festgestellt zu erachten, daß das Uebereinkommen
beider Theile vom 24. Juli 1865 als ein Dienstvertrag aufzufassen
ist, so ergibt sich von selbst daraus, daß der Beklagte die Einrückung
eines ihm als unpassend erscheinenden Artikels in die von ihm ver-
legte Zeitung verweigern konnte, ohne damit die Rechte des Klägers
zu verletzen.
Die Redaction der Zeitung, die Sammlung oder Verabfassung
der zur Ausgabe erforderlichen Artikel, war eine Dienstleistung zu
Gunsten des Beklagten. Dieser war der Dienstherr, der Kläger der
Dienstleistende. Niemandem aber können Dienste Wider seinen Willen
aufgedrungen werden, denn der Dienstherr hat wohl die Verbindlich-
keit, die von ihm verlangten Arbeiten zu bezahlen, nicht aber auch
die Verpflichtung, sie zu benutzen. Mit der Bezahlung der Dienste
hat er seiner Verbindlichkeit Genüge geleistet, ob er sie für sich
verwendet oder nicht, kann den Gegentheil, was die rechtliche
Beurtheilung der Sachlage betrifft, nicht kümmern.