Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 13 (1868))

Handelsrechtliche Controverse«.

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stellte sich als eine dem materiellen Rechte an gehör ende
dar. Jene Bestimmungen des H.-G.-B. tragen den Charakter
von Specialgesetzen, und wenn auch die bezüglich der Ver-
tretung einer Partei vor Gericht bestehenden allgemeinen
Proceßgesetze nicht speciell aufgehoben sind, so ergibt sich doch
ihre Nichtanwendbarkeit in einem unter der Herrschaft des
H.-G.-B. stehenden Falle ans der Rechtsregel, daß das s P e c i e l l e
Gesetz dem allgemeinen derogirt."
„Nach dieser Ausführung leuchtet von selbst ein, daß ein
Gegenargument nicht aus dem vom Appellationsrichter heran-
gegangenen Schlußsätze der Nr. 3 des Art. 60 des Einf.-Ges. zum
H.-G.-B. entnommen werden kann, weil eben dem Art. 47, Al.
2 keine den Proceß und das Proceßrecht betreffende Bestim-
mung, sondern ein dem materiellen Recht angehörendes
Specialgesetz vorliegt."
Die zweite Frage dagegen wird vom Obertribunale verneint,
weil in der Vollmacht erkennbar gemacht werden müsse, daß der
Principal die bestimmte Person entweder mit dem Betriebe seines
ganzen Handelsgewerbes oder mit der Führung einer bestimmten
Art von Geschäften oder einzelnen Geschäften in seinem Handels-
gewerbe betraut habe. (Art. 47, Abs. 1), und weil die bloße Führung
von Processen nicht als ein Theil des bestimmten Handelsgewerbes
anzusehen sei.
Unseres Erachtens muß die erste Frage unbedingt verneint
werden. Das H.-G.-B. hat im Art. 47 den Handlungsbevoll-
mächtigten nicht berechtigen wollen, den Principal vor solchen Ge-
richten, bei denen die Parteien nur in Person oder durch recipirte
Advocaten, oder gar nur durch letztere auftreten dürfen, zu vertreten.
Auch in der Beantwortung der zweiten Frage können wir dem
Obertribunal nicht ganz beipflichten.
Nachstehend wollen wir nun die beiderseits für und Wider den
Proceß-Procurator und Legitimation des Handlungsbevollmächtigten
angeführten Argumente, welche unsers Erachtens theilweise zu viel,
theilweise zu wenig erweisen, einer Kritik unterwerfen, und unsere
eigene Ansicht zu rechtfertigen suchen.
I. Im gemeinen deutschen Civilprocesse steht es regelmäßig
jeder Partei frei, ob sie selbst handeln, oder sich eines von ihr frei

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