Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 10 (1867))

Königreich Preußen. Art 317. (47. 278.)

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Art. 317. (47. 278.)
IX. Zusatz. Genügt mündliche Kündigung des Ver-
sicherungs-Vertrages an den Agenten, wenn die
Statuten schriftliche Kündigung an die Direktion
vor sch reiben?*)
Erk. des Kreisgerichts zu N. und das Appellations-
gerichts zu N. vom 18. Septbr. 1866. (Deutsche Versich.-
Zeitung Nr. 81 vom 14. Octbr. 1866, Jahrg. VII,
S. 443.)
Der § 54 des Statuts der Vieh - Versicherungs-Bank für
Deutschland in Berlin bestimmt: „Alle Versicherungen gelten von
dem Tage des Ablaufes der Police an stets auf eiu weiteres Jahr als
prolongirt, wenn nicht 20 Tage vor dem Ablaufe der Police eine
schriftliche Kündigung der Direction portofrei behändigt ist."
Der Versicherte, Zimmermeister D., hatte (wie er behauptet)
nur dem Unteragenten der Bank mündlich gekündigt. Der
letztere soll die Kündigung angenommen und der Bank schriftlich
mitgetheilt, auch dem Versicherten gleichzeitig auf dessen Befragen
erklärt haben: „Er brauche der Direction weder schriftlich noch
direct zu kündigen, weil er (der Agent) die Kündigung schriftlich ein-
reichen würde." Der Versicherte will damit, unter Berufung auf
§47. 317 H.-G.-B. dem § 54 des Statuts genügt haben. Das
Gericht I. Instanz war jedoch entgegengesetzter Ansicht, indem es
ausführte:
„Der Beklagte (Zimmermeister D.) kann sich auf die ges etz-
lichen Vorschriften (Art. 47. 317 H.-G.-B.) über die Form der
Rechtsgeschäfte und die Stellvertretung, besonders bei Versicherungs-
Gesellschaften, nicht berufen; denn er hat sich durch Abschluß des
Versicherungs-Vertrages auch dem § 54 der Statuten unterworfen,
wonach die Kündigung 1) schriftlich, 2) der Direction geschehen
soll. Diese lex contractus, welche die Anwendung der gesetzt. Vor-
schriften, insbesondere des Art. 317 H.-G.-B. ausschließt, hat aber
der Beklagte nicht erfüllt. Er hat nicht der Direction, sondern dem
*) Vgl. die Abh. von Keyßner in Busch, Archiv, Bd. IV, S. 138 flg. und
in der deutsch. Ger.-Zeitg., 1863, Nr. 33. 34, und die Entscheidungen in Busch,
Archiv, Bd. IV, S. 135; Bd. VI, S. 47.

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