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Mittheilungen über den Juristentag in Mainz.
Zur Entscheidung dieser Frage erlaube ich mir hier selbst etwas
näher auf dieselbe einzuzugehen. Schon in Abs. 3 des Art. 314 des
Preuß. Entw. stand der Beisatz: „über welches die Gegenpartei, wenn
sie am Orte anwesend ist, gehört wird." Die Motive zum Entwurf
bemerken auf S. 173: „Da in den meisten Fällen die Sache die größte
Beschleunigung erfordern wird, so versteht es sich, daß von einem
förmlichen processualischen Verfahren nicht die Rede sein darf. Auch
die betreffende Vorschrift setzt ein solches Verfahren keineswegs vor-
aus. Dieselbe ist dem holländischen Rechte entnommen. Das An-
hören der anwesenden Gegenpartei entspricht jedenfalls der Billig-
keit und wird nicht selten zur Vereinfachung der Sache und zur
Herbeiführung von Vergleichen beitragen." In erster Lesung
ward noch Prot. 808 nur im Allgemeinen bemerkt, der Frachtführer
könne das Recht, einen Theil der Maare zu seiner Befriedigung zu
verkaufen, nur dann in Anspruch nehmen, wenn kein Bedenken über
das Recht der Forderung der Fracht bestehe, in den Fällen eines
Streites werde also selten von der betreffenden Bestimmung Ge-
brauch gemacht werden können. Erst in dritter Lesung kam man spe-
ciell auch auf die vorliegende Frage zu sprechen. Und zwar bei Be-
rathung des unter Nr. 474 der Erinnerung vor dritter Lesung von
Lübeck gestellten, von der Versammlung jedoch abgelehnten An-
trags, in Art. 382 den Art. 625 aus dem Seerechte aufzunehmen,
wonach im Falle des Streits über die Forderungen des Verfrachters
dieser die Güter auszuliefern verpflichtet ist, sobald die streitige
Summe bei Gericht oder einer anderen zur Annahme von Depositen
ermächtigten Behörde oder Anstalt deponirt ward, und wonach der
Verfrachter nach Ablieferung der Güter zur Erhebung der depo-
nirten Summe gegen angemessene Sicherheitsleistung be-
rechtigt ist. Bei Unterstützung dieses Antrags bemerkte der Abge-
ordnete für Hamburg nach Prot. S. 4760: „Der Richter werde
nicht berechtigt sein, ohne Gehör des (seil, anwesenden) Empfängers,
ohne Beachtung seiner Einsprache, den verlangten Verkauf anzuordnen.
Er werde vielmehr beide Theile anhören und darnach über die Statt-
haftigkeit des Antrags sowie über die Begründung der vorgebrachten
Einwendungen, wenn auch vielleicht in einem summarischen Ver-
fahren erkennen müssen. Nach Koch (A. D. H.-G.-B. S. 412,
Note 35) hat zu dem in Rede stehenden Zwecke nach dem preuß. Der-