Mittheilungen über den Juristentag in Mainz.
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habe kennen mü ssen. — Die Mehrheit war der Ansicht, dem handel-
treibenden Publicum sei in dem durch das Gesetz an die Hand gege-
benen Mittel, die Aenderung oder Aufhebung bestandener Rechtsver-
hältnisse dergestalt öffentlich bekannt zu machen, daß die Bermu-
thung dafür streitet, jeder Dritte habe davon Kenntniß erlangt, gegen
früher ein großer, nicht zu unterschätzender Vortheil gewährt; insbe-
sondere, da zunächst dem Dritten der Beweis der Unkenntniß der
betreffenden Thatsachen, sowie der Entschuldbarkeit derselben nach
der Fassung des Gesetzes obläge.
Die zweite Frage bestand darin, ob Jemand, der mit einem Pro-
curisten oder persönlich haftenden Gesellschafter oder dem Vorstande
einer Actiengesellschaft als solchem contrahirte, ungeachtet er wußte,
daß sein Mitcontrahent nicht in dem fraglichen Maße zur Contra-
hirung ermächtigt sei, dennoch zufolge Art. 43, 116 u. 231 (wonach
die Beschränkung des gesetzlichen Umfangs der in Rede stehenden
Vertretungsbefugniß nach außen ohne rechtliche Wirkung ist) aus dem
zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte gegen den betreffenden Geschäfts-
inhaber oder die offene Handels- oder Actiengesellschaft, ungeschmälert
Rechte erlange. Man war der Ansicht, die Beschränkung der frag-
lichen Vertretungsbefugniß habe in Verhältniß zu dritten Personen
nicht als in dem Maße nichtig oder non scripta zu gelten, daß sie
ein Dritter, obwohl er sie kannte, als gar nicht bestehend und dem-
gemäß auch seinerseits nicht zu beachten betrachten könnte. Man
sprach sich daher dahin aus, die exceptio oder auch replica doli
könne allerdings demjenigen entgegengesetzt werden, der wider besseres
Wissen mit einem nicht in fraglicher Weise ermächtigten Procuristen
u. s. w. contrahirte, was sich auch aus den Protoc. (S. 361. 606.
1062.1384 u. 4665) zu ergeben scheine.
Drittens wurde die Frage aufgeworfen, was unter dem in Art.
407, Abs. 5 bestimmten „Gehörtwerden" der am Orte anwesenden
Gegenpartei bei Ansuchen des Frachtführers um Ernennung von
Sachverständigen oder um Verfügung des Gerichts wegen Rieder-
legung und wegen Verkauf des Guts zu verstehen sei.
Man war der Meinung, es solle über den Antrag Seitens des
Frachtführers, sowie über die dagegen vorgebrachten Einreden (z. B.
wegen Vorgefundener Beschädigung der Waare) wenn auch nur sum-
marisch verhandelt werden. -
Archiv für deutsches Handelsrecht. Bd. 1. 4. Heft. 40