Volltext: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 1 (1863))

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Zu Art. 62. des Handelsgesetzbuches.
1.
Die Motive des preuß. Entw. sagen hierüber:
„Die Aufhebung des Dienstverhältnisses ohne Kündigung vor
der durch Vertrag, Gebrauch oder Gesetz bestimmten Zeit ist beiden
Theilen aus wichtigen Ursachen gestattet, und es ist dem vernünftigen
Ermessen des Richters überlassen worden, die Wichtigkeit der geltend
gemachten Gründe zu beurtheilen; die im Art. 61, 63 und 64 des
H.-G.-Buchs hervorgehobenen Umstände werden hierbei Anhalte-
punkte abgebeu. Eine größere Bestimmtheit des Gesetzes läßt sich
nicht füglich erreichen; je nach der Verschiedenheit des Handelsge-
werbes sowie der contractlichen, persönlichen und häuslichen Verhält-
nisse würde für einen Theil der Fälle unbillig und unpassend sein,
was für den andern angemessen wäre. Das Ermessen des Richters
im Einzelnen muß entscheiden."
In der That kommt man auch mit den in den Art. 63 und 64
liegenden Anhaltepunkten nicht aus; denn die in diesen Artikeln auf-
gezählten Fälle sind lediglich Beispiele (von Hahn a. a. O. S. 163)
und es läßt sich aus denselben durchaus kein durchgreifendes Princip
abstrahiren. Zu den wichtigen zur Auflösung des Dienstverhältnisses
berechtigenden Gründen gehören jedenfalls die, welche die Voraus-
setzungen, die zum Abschlüsse des Vertrags bestimmten, afficiren, so
daß man annehmen muß, der Vertrag würde, wären die betreffenden
Ereignisse schon bei Eingehung desselben vorhanden oder auch nur
vorauszusehen gewesen, nicht abgeschlossen worden sein; also z. E.
casuelle Einstellung des Handelsgeschäfts, Nichtbeschäftigung des
Dieners in dem Zweigendes Geschäfts, in welchem er sich die Be-
schäftigung ausbedungen hat u. s. w. Aber der Richter muß hier sehr
vorsichtig sein und immer bedenken, daß, wenn nicht eine lange Kün-
digungszeit bedungen ist, und sich die plötzliche Lösung des Dienstver-
hältnisses nicht dringend nothwendig macht, eine Aufhebung des Ver-
trags nicht gerechtfertiget erscheint.
Noch weniger lassen sich darüber: ob und in welchen Fällen der
vor der bestimmten Zeit erfolgten aber gerechtfertigten Dienstauf-
lösung eine Entschädigungspflicht Seitens des Principals oder des
Gehülfen eintrete, ausreichende Grundsätze ausstellen; vielmehr muß
auch hier das richterliche Ermessen entscheiden.

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