Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 7 (1866))

Königreich Bayern.

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unzweifelhaft die Police die eigentliche Vertragsurkunde bilden
sollte, so würde deren Annahme von Seite des Versicherten selbst
dann als Bedingung für die Perfection des Vertrages erachtet werden
müssen, wenn die Bestimmung des § 3, Abs. 2 in der Police gar
nicht enthalten wäre; schon aus § 1, Abs. 3 müßte die Nothwendig-
keit der Annahme der Police für das Zustandekommen des Versicherungs-
vertrages gefolgert werden. Deshalb ist es auch im vorliegenden
Falle ohne Belang, daß nach dem allg. d. H.-G.-B. die schriftliche
Errichtung nicht mehr Voraussetzung der Giltigkeit des Versicherungs-
vertrages ist. Nach diesem Gesetzbuche ist der Vertrag geschlossen,
sobald die Contrahenten über alle wesentlichen Punkte desselben ihren
Willen übereinstimmend erklärt haben; die Police ist eine Urkunde
über den abgeschlossenen Versicherungsvertrag (cfr. Art. 788
des H.-G.-B.). Nach diesem Gesetzbuche treten aber auch sofort
nach dem Abschlüsse des Vertrages, unabhängig von der Aus-
händigung einer Police und von der Zahlung der Prämie, die beider-
seitigen Verpflichtungen in Wirksamkeit. Anders verhält es sich
nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen der klagenden Ge-
sellschaft. Nach diesen bildet, wie gezeigt, die Aushändigung der
Police den Moment des Vertragsabschlusses; nach diesen ist selbst
bei abgeschlossenem Vertrage der Eintritt der Verbindlichkeit der
Gesellschaft von der erfolgten Zahlung der Prämie abhängig.
Bei solchen vertragsmäßigen Abweichungen von den gesetzlichen Be-
stimmungen ist die Anwendung der Vorschriften des H.-G.-B. be-
züglich des Vertragsabschlusses unzulässig und es hieße mit
ungleichem Maße messen, wollte man einerseits trotz der ver-
weigerten Annahme der Police die Beklagten schon mit dem Mo-
rnente, in welchem ihnen die Zustimmung der Gesellschaft zu der be-
antragten Versicherung eröffnet wurde, zur Zahlung der Prämie für
verbunden, anderseits aber ohne Fixirung eines Zeitpunktes für die
Aushändigung der Police bis zu erfolgter Aushändigung derselben
die Gesellschaft selbst bei dem Mangel einer ausdrücklichen des-
fallsigen Vertragsbestimmung von allen Verbindlichkeiten ihrerseits
befreit erachten.
Schließlich mag noch bemerkt werden, daß die Richtigkeit vor-
stehender Ausführung über die Bedeutung der angeführten Police-
bestimmungen auch in dem Umstande ihre Bestätigung findet, daß

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