Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 7 (1866))

Königreich Preußen

335

sicherung eintreten sollte; vielmehr ist die Vermuthung hier an die
Voraussetzung jener unrichtigen und dem Versicherungsnehmer sehr
wohl erkennbaren Grundlage seines Geschäftsverkehrs
und dessen künftige Entwickelung geknüpft."
II. Zusatz. Ist blos die qualitative Ueberverficherung
(über den gemeinen Werth hinaus), oder auch die
quantitative (gar nicht vorhandener Gegenstände)
unerlaubt und strafbar?
Erk. des Obertribunals zu Berlin vom 14. Januar
1864. (Goltdammer, Archiv f. preuß. Strafrecht, 1864',
Bd. XII, S. 219.)
T. hatte am 11. Septbr. 1862 sein geerntetes Getreide mit
20 Schock Weizen, 72 Schock Roggen, 30 Schock Gerste, 80 Schock
Hafer und 10 Fuder Erbsen zum Werthe von 2434 Thlr. bei der
Versicherungsgesellschaft „Deutscher Phönix" zu Frankfurt a. M.
gegen Feuersgefahr versichert, obschon er wußte, daß seine Ernte
pro 1862 nur 8 Schock Weizen, 48 Schock Roggen, 12 Schock
Gerste, 24 Schock Hafer und 10 Fuder Erbsen, im Werthe von
1211 Thlr. betrug. Er wurde wegen dieser Ueberverficherung,
welche erst nach dem Brande der Scheune, in welcher sich das ver-
sicherte Getreide befand, entdeckt worden ist — auf Grund des § 20
ul. 1 Ges. vom 8. Mai 1837 (siehe oben S. 332) unter Anklage ge-
stellt. Der Appellationsrichter sprach ihn frei. Das Obertribunal
dagegen verurtheilte, indem es ausführte:
„Der Appellationsrichter geht bei seiner Entscheidung davon
aus, daß der § 20 loc. cit. nur die qualitative Ueberversiche-
rung (die Versicherung 'der vorhandenen Gegenstände über den ge-
meinen Werth), nicht aber die quantitative Ueberverficherung
(die Versicherung nicht vorhandener Gegenstände, so daß sie, wenn
vorhanden, ihrem wahren Werthe nach versichert wären) zu einer
strafbaren habe machen wollen; und daß in facto nur eine quanti-
tative Ueberverficherung vorliege, da der zur Versicherung an-
gezeigte Betrag der Ernte den gemeinen Werth ge-
habthabe."
Allein wenn nach § 20 loc. cit. derjenige mit der darin aus-
gedrückten Strafe bedroht ist. welcher Mobiliarvermögensgegenstände

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer