Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 7 (1866))

Königreich Preußen.

211

Ziehung der Bilanz nach § 261 Str.-G.-B.*) verurtheilt wor-
den. Zur Rechtfertigung der Annahme, daß H. Kaufmann ge-
wesen, hatte der App.-Richter ansgeführt, er habe eine Kraut-
fabrik gehabt und dazu nicht nur die in seiner Ackerwirth-
schaftgezogenen Runkelrüben (jährlich durchschnittlich 1000 Ctr.)
verwendet, sondern dazu auch noch 100 Ctr. Rüben gekau ft, und
das fabricirte Kraut in den Handel gebracht. Die Behauptung, die
Krautfabrikation sei kein selbstständiger Zweig seiner Wirthschaft ge-
wesen, sondern im Zusammenhang mit der Viehzucht betrieben wor-
den, und die darüber in Antrag gebrachte Beweiserhebung sei uner-
heblich, da die angekauften Rüben, wenn auch im geringeren Quan-
tumsverhältnisse zu den selbstgezogenen, mit diesen zu den fabricirten
und gewerbmäßig verkauften Kraut verwendet und daher zum
Zweck der Krautfabrikation und zum Krautverkauf gedient hätten.
Das Ob.-Trib. hat auf eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde das
Urtheil 2. Instanz vernichtet, wobei es unter Anderm ausführt:
„Mußte auch angenommen werden, daß in den Landestheilen,
in welchen die Concurs-Ordnung vom 8. Mai 1855 Geltung hat,
ein Gutsbesitzer, welcher neben der Landwirthschaft ein anderes Ge-
werbe betreibt, Rücksichts dieses letzteren zum Kaufmann im Sinne
der §§ 259—262 Str.-G.-B. werde, wenn dieses Nebengewerbe
in gewerbsmäßig betriebenen Handelsgeschäften größeren Um-
fanges, als solchen Art. 10 H.-G.-B. voraussetzt, besieht — s o
macht doch der Verkauf selb st gezogener Producte noch
keinen Handel aus. Als Kaufmann im Sinne des H.-G.-B.
und demzufolge (nach Art. 18 Einf.-G. vom 24. Juni 1861) auch
im Sinne des § 261, Nr. 2. 3 Str.-G.-B. ist nur der anzusehen, da
gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betreibt. Ein Handelsgeschäft aber
ist zwar der Kauf oder die anderweite Anschaffung von Waaren oder
andern beweglichen Sachen, um sie, ohne oder auch nach vorgängiger
Bearbeitung oder Verarbeitung weiter zu veräußern (H.-G.-B.
Art. 271, Nr. 1); nicht aber macht schon der Verkaufselb st ge-
zogener Naturproducte ein solches aus. Ein Landwirth, der
nur die Erzeugnisse seiner Landwirthschaft, wenn auch nach vor-
gängiger Bearbeitung oder Verarbeitung, verkauft, oder der auch

*) Siehe die Anmerk. S. 157.
14*

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer