Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 7 (1866))

Königreich Preußen.

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einer gleichmäßigen Regelung der handelsrechtlichen Verhältnisse in
ganz Deutschland emanirt seien, durfte ein Zurückgehen auf die
speciellen preußischen Landes- und Proceß-Gesetze nur insoweit, als
dieß ausdrücklich im H.-G.-B. bestimmt worden sei, für zulässig er-
achtet werden. Ebenso wenig vermöge der Umstand,
daß der Particulier M. von einer großen Anzahl von
Schiffern gleichzeitig zum Handlungsbevollmächtigten
bestellt worden, und in dieser Eigenschaft bei mehreren
Gerichten im Namen seiner Principale Processe führe,
seine Zurückweisung als deren Vertreter in den Terminen aus dem
Grunde zu rechtfertigen, weil er vorzugsweise nur zur Füh-
rung von Processen, nicht aber zu Geschäften bevollmächtigt sein
soll, welche einen Theil des Handelsgewerbes des Principals aus-
machen; denn diese letztere Annahme stehe mit der überreichten, den
Anforderungen des Art. 47 H.-G.-B. völlig entsprechenden Voll-
macht in Widerspruch."
Der Justizrath Dr. Hinschius, welcher der Ansicht des ersten
Richters beitritt, bemerkt hierzu u. A.:
„Das Stadtgericht gründete seine Entscheidung auf die Rea-
lität der Thatsachen. Es hatte die Ueberzeugung, daß M. die
Vollmacht als Handlungsbevollmächtigter nur zu der ihm sonst -nicht
gestatteten Proceßführung für Dritte benutze, und erklärte dieß für
unzulässig. — Das Appellationsgericht geht davon aus, daß es
gleichgültig sei, wozu man eine Handlungsvollmacht ausstelle, und
was ihr Inhaber treibe. Das Stück Papier, das der Strom-
schiffer oder Frachtfuhrmann unterschrieben hat, ermächtige den Voll-
machtsinhaber zu allen möglichen Vertretungen in Handelsgeschäf-
ten, 6rgo sei er auch, wenn die Vollmacht diese Facultät enthalte, zur
Proceßführung befugt. Der Richter hat sich blos an den ge sch ri ei-
benen Wortlaut der Vollmacht zu halten. — Die Consequenz
dieser Ansicht wäre, daß auch derjenige, welcher nach § 119, Thl. I,
Tit. 13 allg. L.-R. mit dem Machtgeber verwandt oder verschwägert
sein will, oder sich für den Verwalter oder Hausofficianten der
Partei aus gibt, sobald dieß nur in der Vollmacht ausdrücklich ge-
schrieben steht, nach § 25 Thl. I, Tit. 3 allg. G.-O. zur Proceß-
führung zugelassen werden muß, selbst wenn dem Richter bekannt ist,
daß diese Angabe nicht in Wahr heit beruht."

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