Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 25 (1872))

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Königreich Bayern. Art. 357.

Umfang des Interesses allerdings im Allgemeinen insofern Einfluß,
als der Gläubiger den Werth der Leistung fungibler Sachen nach
seiner Wahl in Anspruch nehmen kann, je nachdem er zu dem
Zeitpunkte des Verzuges oder zu demjenigen der Berurtheilung
höher war. (Unterholzner a. a. O. Bd. I., S. 266, Sintenis
a. a. O.. S. 191).
Allein dieser Grundsatz erleidet da eine Einschränkung, wo
vertragsmäßig ein Lieserungszeitpunct in Mitte liegt, was hier
der Fall ist, indem ein Lieserungstermin von 4 Wochen nach
Abschluß des Kaufes festgesetzt war.
Ist nämlich für die Leistung fungibler Sachen, namentlich
von Maaren, ein bestimmter Zeitpunkt festgesetzt worden, so kommt
zunächst deren Werth zu dieser Zeit in Anschlag (Sintenis, S. 191,
Anmerk. 36 mit S. 78 Anmerk. 28, Unterholzner Bd. I., S.266,)
und liegt der Grund dieser Modification hauptsächlich in der
Natur dieser Sachen und im Wechsel ihres Preises, der als
Marktpreis erscheint, während für andere Sachen das Interesse
nicht nach diesem Maßstabe zu berechnen ist.
Bei dieser Sachlage und in fernerer Rücksicht daraus, daß
das Interesse des Käufers bei einem derartigen Kaufe gerade
darin besteht, daß er die Waare zur verabredeten Lieserungszeit
habe, kann die Annahme kaum einem gegründeten Zweifel unter-
liegen, daß auch für nicht fixe Lieserungskäuse, wenn in denselben
ein Lieserungszeitpunkt festgesetzt ist, bei Festsetzung des Interesses
in analoger Anwendung des Art. 357 des a. d. Handelsgesetzbuches
zunächst die Zeit der Lieferung in Betracht kommt, wie denn auch
hierorts swts angenommen wurde, daß die Geltendmachung der
Differenz zwischen dem Kaufpreise und Marktpreise zur Zeit und
am Orte der geschuldeten Lieferung ein selbstverständlicher Aus-
fluß der Vertragsbrüchige des Contrahenten sei.
Solches schließt selbstverständlich nicht aus, daß der Vertrags-
treue Contrahent auch noch einen erweislich höheren Schaden
zur Geltung bringen kann; allein dieses setzt unter allen Umständen die
Darlegung besonderer einschlägiger Verhältnisse voraus, an welchen
es hier aber m jeder Beziehung gebrüht.

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