Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 25 (1872))

424 Entscheidungen des R.--O.-H.-G. in Handels- u. Wechselsachen.
Preis mithin als Börsenpreis anzusehen ist. Diesen durch den
amtlichen Börsenbericht konstatirten Preisen gegenüber kann eine
anderweite Notirung in einem außerordentlichen Börsenbericht, den
Beklagter nicht anerkännt hat, nicht berücksichtigt werden. (Vergl.
Art. 353 H.-G.-B.)
Wenn Kläger geltend macht, daß man bei Bezugnahme auf
die Börsennotiz, wenn es sich um Auslegung von Handelsgeschäften
handelt, darunter nur die Notiz in der Rubrik „bezahlt" verstehe,
so steht dem entgegen, daß für die Interpretation der Handels-
geschäfte lediglich die allgemeinen Auslegungsregeln bei Berück-
sichtigung des Art. 278 des H.-G.-B. maßgebend sind und Art.
279 1. o. sich auf die Bedeutung und das Verständniß der beim
Vertragsabschluß gebrauchten Ausdrücke nicht bezieht. Nach dem
Willen der Contrahenten muß aber angenommen werden, daß eine
durch den amtlichen Börsenbericht konstatirte Preissteigerung uin
5 Sgr. den Verkäufer verpflichten sollte, dem Käufer, weitere
Sicherung für die Erfüllung seiner Verbindlichkeit resp. Zahlung
der Differenz zu leisten gleichviel, ob in dem Börsenberichte die
Rubrik der bezahlten Geschäfte ausgefüllt war oder nicht. Der
Börsenbericht war nur das Beweismittel der Preissteigerung.
Einer besonderen Aufforderung zur Gewährung des Einschusses
bedurfte es seitens des Verklagten uicht; die Bedingung, von
welcher die Verpflichtung abhängig gemacht war, war einge-
treten und konnte dem Kläger ohne sein Verschulden nicht unbe-
kannt bleiben, jedenfalls nicht, nachdem der Börsenbericht vom
13. Juni 1870 publicirt war. Nunmehr hatte er sofort, wie
es im Schlußscheine heißt, der Contractsstipulation nachzukommen
(§ 68, I, 16 A.-L.-R.*).
Da er den Zuschuß am 13. Juni nicht geleistet hat, war
Verklagter berechtigt, am 14. Juni den Kläger in Kenntniß zu
setzen, daß er den Contract aufhebe und den geleisteten Einschuß
als Entschädigung einbehalte. Der contractlichen Bestimmung
gegenüber, nach welcher der Zuschuß sofort geleistet werden sollte,
ist die Ausführung, daß nach hiesigem Handelsgebrauche für sofort
*) § 68: Eben das, (d. h. der Beginn deS Laufs der Zögerungszinsen)
findet bei bedingten Zahlungen statt, sobald die Bedingung eingetreten und
dieses dem Schuldner bekannt geworden ist.

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