Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 22 (1871))

46 Bezirk des A.-G. zu Zweibrücken. Art. 271 u. 273 des a. d. H.-G.-B.
Art. 271 und 273 des a. d. H.-G.-B.
Ein Wormser Materialienhändler belangt zwei Tüncher von
Dirmstein, einer großen Landgemeinde, vor dem Handelsgericht
in Frankenthal. Beide sind Brüder und haben längere Zeit ge-
meinsam ihr Geschäft betrieben. Die Forderung für zum Ge-
schäftsbetriebe käuflich erhaltene Maaren (Farben, Leinöl, Pinsel re.)
beträgt über 200 Fl. Die Beklagten bestreiten aber die Zustän-
digkeit des Handelsgerichtes, weil sie nur Handwerker seien und
der Geschäftsbetrieb eines Tünchers vom Lande das Ueberschrei-
ten der Grenzen des Handwerks nicht leicht gestatte.
Das k. Bezirksgericht zu Frankenthal, als Handelsgericht er-
kennend, entschied vermittelst Urtheils vom 10. März 1870 fol-
gendermaßen:
In Erwägung auf die der Klage entgegengesetzte Einrede der
Inkompetenz,
daß die Beklagten behaupten, das Tünchergeschäft nur in den
Grenzen des Handwerks ausgeübt zu haben, daher die von ihnen
gemachten Anschaffungen zum Betriebe ihres Geschäftes als Han-
delsgeschäfte nicht zu betrachten seien;
daß zwar Kläger behauptet, die von den Beklagten gemachten
Anschaffungen seien jedenfalls nach den Bestimmungen des Artikels
271 des a. d. H.-G.-Bs. unter die Handelsgeschäfte zu subsumiren;
daß aber im vorliegenden Falle nicht die Bestimmungen des
Artikels 271, sondern die Verfügungen des Artikels 273 des
H.-G.-Bs. maßgebend sind, wornach selbst die Weiterveräußerungen,
welche von Handwerkern bezüglich der Geräthe, Materialien und
andern beweglichen Sachen, welche bei dem Betriebe ihres Ge-
werbes unmittelbar benutzt und verbraucht werden, vorgenommen
werden, soweit diese Weiterveräußerungen nur in Ausübung ihres
Handwerksbetriebes geschehen, als Handelsgeschäfte nicht betrachtet
werden sollen;
daß daher, da Kläger keinen Beweis darüber anbietet, daß
die Beklagten ihren Gewerbsbetrieb über die Grenzen des Hand-
werks hinaus ausdehnen, die Klage als unzulässig abzuweisen, end-
lich Kläger als Ausländer unter Leibeshast in die Kosten zu Ver-
fällen ist rc.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer