370 Großherzogthum Hessen. Art. 323. Abs. 1 deS H.-G.-B.
zu machen, dennoch alle Voraussetzungen enthalten, um denselben, falls
er die Offerte Klägers nicht annehmen wollte, zu einer aus-
drücklichen Ablehnung zu verpflichten, und daß mithin die
Klage, indem sie sich zur Geltendmachung des darin erhobenen
Anspruchs auf dessen Nichtbeantwortung, beziehungsweise auf eine
stillschweigende Annahme der Offerte beruft, als begründet er-
scheint.
Dem Beklagten war es nach Inhalt der, von ihm selbst vor-
gelegten Correspondenz bekannt, daß Kläger auf den Kaufpreis
von 14 Fl. 15 Kr. pro 140 Pfd. der quantitativ und qualitativ be-
stimmten Mehllieferung bestehe; — er hat dessenungeachtet die bis
dahin geführten Verhandlungen zur Zeit seines Schreibens
vom 14. September nicht als abgebrochen angesehen, vielmehr
setzte er dieselbe durch dieses Schreiben mit einem wiederholten,
wenn auch theilweise unbestimmten Anerbieten fort; — der ganze
Inhalt seines Schreibens, insbesondere die, in Form einer Ent-
schuldigung wegen Nichtbeantwortung des vorausgegangenen kläge-
rischen Antrags vorgebrachte Erklärung, daß „es ihm unmöglich
war," nicht etwa, daß es ihm unmöglich sei, zu dem vorderen
Preise zu liefern; — sein im Gegensatz hiezu ausgesprochenes
Motiv seines Anerbietens „um entgegenzukommen und den An-
fang zu erleichtern," verbunden mit dem Umstand, daß er mit
diesem neuen Anerbieten keine höheren Preisnotirungen machte,
sondern vielmehr, ohne jede weitere Erörterung über den Preis, nur
die ihm thunliche Lieferzeit angab; — berechtigte den Kläger,
und darüber durfte Beklagter nicht zweifelhaft sein, zu der An-
sicht und beziehungsweise zu dem guten Glauben, daß es dem Be-
klagten nur um diese Bestimmung der Lieferzeit gelte und daß
Beklagter, wenn diese genehmigt werde, seinerseits zu dem vorher
offerirten Kaufpreis zu liefern bereit sei. Nachdem nun Kläger
die fragliche Lieferzeit angenommen, den Beklagten hiervon in
Kenntniß gesetzt und ihm die, unter den vorliegenden Umständen
gerechtfertigte Erwartung ausgesprochen hatte, daß Beklagter nun-
mehr so, wie angeblich früher der Vertrag abgeschlossen worden,
liefern werde, würde Beklagter gegen den guten Glauben
im Handelsverkehr verstoßen, wenn er, bei wirklich be-
stehender Absicht zur Ablehnung, seine wahre Absicht