Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 22 (1871))

Großherzogthum Hessen. Art. 323. Abs. 1 des H.-G -B. 369
Es ist deßhalb meines Erachtens zu prüfen, ob nicht aus
anderen, mit dem Stillschweigen des Beklagten concur-
rirenden Thatsachen eine stillschweigende Acceptation der
klägerischen Offerte anzunehmen ist. Für eine solche An-
nahme unter gewissen thatsächlichen Voraussetzungen spricht sich
Ende mann a. a. O. § 94 dahin aus:
„Auch außerdem (i. e. außer dem Falle eines Auftrags) kann
zumal bei bestehender Geschäftsverbindung, Stillschweigen — weil
der Gebrauch, oder Treu und Glauben des Handelsver-
kehrs im Falle der Ablehnung zu ausdrücklicher Erklärung
ausgefordert haben würde, als Annahme zu betrachten sind,"
sowie ferner im § 105 ebendaselbst:
„ob die Annahme der Offerte oder die sonstige Zustimmung
zu dem Vertrage vorhanden, ist eine factische Frage, so nament-
lich auch, ob Stillschweigen aus die Offerte als An-
nahme gelten muß. Schweigen auf eine bloße Bestellung
wird. aüerdillgs in der Regel noch keine Annahme unterstellen
lassen, allein unter besonderen Umständen kann doch die
Zustimmung erkannt werden."
Eine weitere Vertretung findet diese Ansicht, daß nämlich die
Frage, ob das Stillschweigen zu einer Offerte als Annahme gelten
müsse, eine rein factische, nach den Umständen des einzelnen Falles
zu beurtheilende sei, in
Seusserts Archiv Bd. IV, Nr. 211, Bd. XI, Nr. 80.
Busch Archiv s. H.-R. Bd. XI, 158, Bd. IX 372.
Ganz besonders aber ist dieselbe aus Grund der, als Inter-
pretationsregel geltenden kaufmännischen bona fides, über die
Grenzen der römischen Rechtsregel: qui tacet, consentire vide-
tur entschieden in die Rechtsprechung übergegangen.
vergl. Busch Archiv Bd. I, p. 238, Bd. II, p. 115,
Bd. IV, p. 370, Bd. V, p. 269, Bd. VII, p. 44,
47, 386, Bd. VIII, p. 82, 86, Bd. IX, p. 178,
Bd. X, p. 437, Bd XI, p. 392.
In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall
neige ich mich zu der Ansicht, daß allerdings die, dem Schreiben
vom 15. September vorausgegangenen Verhandlungen zwischen
beiden Theilen, ohne für sich getrennt den Beklagten verbindlich
Archiv für deutsches Handelsrecht. Bd. XXII 24

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