Entscheidungen des B.-O.-H.-G. Zu Art. 22 flg. 117. 139
pellationsrichter aufgestellten Rechtssatz zu begründen, da das Ge-
setz nur bei Handelsgesellschaften zwischen Privat und Handels-
vermögen (dem Vermögen der Gesellschafter, abgesehen von ihren
Gesellschastsantheilen, mrd dem Gesellschaftsvermögen,) unterscheidet,
ein Handelsvermögen, als einen für sich bestehenden Vermögens-
inbegrisf auf Seiten von Einzelkaufleuten nicht anerkennt und
(wie sich aus wiederholten, ausdrücklichen Erklärungen von Mit-
gtredern der Nürnberger Conferenz bei der Borberathung des
H.-G.-B. ergiebt) in dieser Beziehung einen wesentlichen Unter-
schied in den Rechtsverhältnissen der Einzelkaufleute und Handels-
geschäften hat zur Geltung bringen trollen. In Rücksicht daraus,
daß im gegenwärtigen Falle der Uebergang von Geschäftsfordernngen
der Einzelkausleute ausschließlich in Frage sieht, kann es aus
sich berufen bleiben, ob und welche Eigenthümlichkeiten bei Ueber-
tragungen von Gesellschastsgeschästen hervortreten.
Auch von etwaigen Besonderheiten, welche bei Veränderngen von
Detailgeschäften sich vielleicht geltend machen kön nen, ist hier abzusehen,
da es sich nur um den Geschäftsverkehr unter Kausleuten handelt.
Der Hauptgrund, aus welchen der Appellationsrichter den
fraglichen Rechtssatz stützt, daß nämlich dem neuen Geschäfts- und
Firmaeigenthümer die Disposition über die Aktiva des erworbenen
Geschäfts unter allen Umständen deshalb gebühre, weil derselbe
allein die Firma sortführe, also die alten Geschäftsschuldner
unter der Unterschrift der Firma, d. h. ihrer Gläubigern, ent-
lasten könne, legt der Firma widergesetzlich juristische Persönlichkeit
bei und führt zu der, völlig unhaltbaren Konsequenz, daß auch
eine ausdrückliche Reservirung einzelner Activa beim Ver-
kaufe eines Handelsgeschäfts für unstatthaft oder wirkungslos er-
achtet werden muß.
Nach diesen Erwägungen und bei dem Mangel von einschla-
genden Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen, insbesondere
preußischen Rechts unterliegt es keinem begründeten Bedenken, daß
bei der Veräußerung des Handelsgeschäfts eines Einzelkaufmanns
die Frage: ob die Geschäftssordernngen, obgleich ihrer bei der
Veräußerung keiner Erwähnung geschehen, für mitübertragen anzu-
sehen sind'? lediglich nach der Gestalt des concreten Falles
zu beurtheilen ist.