Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 22 (1871))

124

Abhandlungen.

Was von der culpa gilt, gilt dann ebenso auch von der
morn, die ja nnr eine besondere Unterart der culpa ist.
Da es nun die allgemeine Regel sür das periculum bei
Obligationen ist, daß die Verpflichtung, eine Leistung vorzunehmeu,
als erfüllt gilt, wenn die fragliche Leistung ohne Schuld des Ver-
pflichteten unmöglich geworden ist (ca8U8 non praestantus),*)
so ergiebt sich schon hieraus von selbst, daß ein Verschulden des
Verpflichteten dann nicht angenommen werden kann, wenn nicht
der Verpflichtete selbst, sondern ein Dritter die Unmöglichkeit der
Leistung herbeigeführt hat und ganz selbstverständlich ist es, daß
dies noch um so mehr anzunehmen, wenn geradezu der Gläubiger,
der Berechtigte, in 8pecic also der Käufer diese Unmöglichkeit
verschuldet hat. Ein solches Verschulden des Käufers wird aber
auch dann angenommen werden müssen, wenn die rechtzeitig und
vertragsmäßig angebotene Leistung seitens des Verkäufers von dem
Käufer nicht angenommen, also der Käufer in moram accipiendi
versetzt wurde und nachher die Sache durch Zufall zu Grunde ge-
gangen ist. 2)
Dagegen zählen die Quellen folgende, auch wohl ziemlich er-
schöpfende Fälle auf, in welchen eine culpa seitens des Leistungs-
pflichtigen vorliegt:
a. Wenn derselbe eine Handlung vorgenommen hat, welche
die Unmöglichkeit der Leistung zur Folge hat. Siehe fr. 23, 91
pr. de V. O. 45, 1.
b. Wenn derselbe die ihm zu Gebote stehenden Mittel nicht
anwendet, um das der Erfüllung seiner Verbindlichkeit entgegen-

*) Vgl. auch Fuchs a. a. O., S. 112.
2) Fuchs a. a. O., S. 113. Nur wenn die Leistung nicht vor dem
Termine, überhaupt nicht zur Unzeit und in coutraktmäßiger Quantität und
Qualität angeboten wurde, kann der Käufer durch das Angebot in moram
accipiendi versetzt werden. — Geradezu unverständlich und zwar selbst von
dem Standpunkte der Ausscheidungstheorie aus ist es, wenn Endemann
(a. a. O., S. 538, Note 57) behauptet, daß eine mora accipiendi seitens des
Käufers nicht denkbar sei, ohne daß die Gefahr schon ohnehin auf denselben
übergegangen sei. Man denke nur einfach an den Fall: der Verkäufer hat
Transportgesahr übernommen, der Käufer verweigert jedoch die Abnahme
u. s. w.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer