Full text: Archiv für das preußische Handels- und Wechsel-Recht (Bd. 1, H. 3 (1846))

Rechtssprüche.

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an den Kaufmann L. A. B. und von diesem unter demselben
Tage an den Kaufmann F. indossirt. Acceptant leistete am
Verfalltage nicht Zahlung und wurde deshalb, nachdem am drit-
ten Respittage ordnungsmäßig Mangels Zahlung Protest aus-
genommen war, gerichtlich in Anspruch genommen,
„die vier Wechselsummen im Gesammtbetrage von 5000
Rthlr., nebst Zinsen, Provision und Protestkosten bei Ver-
meidung der Wechsel-Erecution zu bezahlen."
Verklagter wendete ein, daß er Kompensationsforderungen an
den verstorbenen F. habe und daß das Königliche Vormund-
schafts-Gericht, um dieses Kompensationsrecht zu beseitigen,
die Wechsel nur zum Schein an den L. A. ß., den Vormund
des minorennen F., girirt und diesen beauftrage habe, die Wech-
sel gleichfalls zum Schein dem Klager zu übertragen, welcher
daran kein Eigenthum erwerben, vielmehr den Wechsel-Betrag
für die F.'sche Nachlaß-Masse einziehrn sollte. Sodann aber
sei Kläger zur Sache nicht legitimirt, indem das Indossament
des Königlichen Vormundschafts - Gerichts eine wirkungslose
Handlung sei. Nur der Eigenthümer könne giriren; das Königliche
Vormundschaftsgericht sei aber nie Eigcnthümer der Wechsel ge-
wesen und habe daher auch nicht Eigenthum an den L. A. ß.,
folgerecht dieser nicht an den Kläger übertragen können.
Mit Beseitigung des Einwandes der Simulation hat das
Stadtgericht zu Berlin durch Erkenntniß vom 12. September
1843 den Kläger abgewiescn, indem es den zweiten Einwand
für durchgreifend erachtete. Die Gründe, soweit sie hier in-
teressiren, lauten dahin:
„Da- Königliche Vormundschaft- - Gericht ist niemals Eigenthümer
deS Wechsels gewesen; eS war aber auch nicht berechtigt, Statt de-
minderjährigen Eigenthümers darüber zu verfügen. Denn da- Ine
doffament ist ein Vertrag, und wenn ein solcher, wie hier, verbindlich
für einen Minderjährigen geschloffen werden soll, so muß dieß nach
§. 10. Tit. Ü. Thl. I. A. L. R. durch den im Gesetz oder vom Richter
bestellten Vormund, nicht also von dem bloS die Oberaufsicht führenden
vormundschaftlichen Gericht, geschehen. ES wird dieser Mangel auch

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