Full text: Archiv für das preußische Handels- und Wechsel-Recht (Bd. 1, H. 3 (1846))

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Rechtssprüche.

bindlich, sondern erzeugt nur andre Wirkungen. Deshalb ist also auch
die Analogie deS §. 838 1. c. der in der Beschränkung auf Jnvossa«
mente ganz unerklärlich wäre, nicht ausgeschlossen, sondern durch
§. 49 *) der Einleitung zum A. L. R. vollkommen gerechtfertigt.
Gegen dieses Urtel appellirte Y., es ward indessen von dem
zwriten Senat des Kammergerichts am 27. Sept. 1844 aus fol-
genden Gründen bestätigt:
Wenn der Y. nur deshalb durch das von dem X. auf den Wechsel
gesetzte Accept nicht verpflichtet sein will, weil er erst später der Corporation
der hiesigen Kaufmannschaft beigetreten ist, so erscheint vieS unrichtig.
Denn derselbe hatte zur Zeit, wo die Wechselverbindlichkeit fällig
wurde, ultimo Juli 1844 die Wechselfähigkeit erlangt, und die- genügt
nun ihn aus dem hier vorliegenden Wechsel für wechselmäßig verhaftet
zu achten.
Die früher eingegangene Wechselverbindlichkeit war keine durchaus
ungültige, sie konnte nur nicht mit der dem Wechfelrechte eigrnthümli-
chen Strenge verfolgt werden, falls zur Zeit der Fälligkeit der Verpflich-
tete diejenige Befugniß die eS ihm möglich machte sich dem Wechselrechte
zu unterwerfen, nicht erlangt hatte. Die Vorschrift veS §. 37. Tit. 6.
Thl. 1. A. L. R. kann in einem solchen Falle nicht maaßgebend sein,
denn diese handelt nur von dem Falle, wenn Jemanden überhaupt die
Fähigkeit einen Vertrag zu schließen mangelt. Im vorliegenden Falle
steht die Dispositionsfähigkeit deS Y. durchaus fest; und die Be-
schränkung, die ihm früher die Erfüllung von Wechselverbindlichkeiten
nicht gestattete, ist in der Folge gehoben.
Die Wechselfähigkeit, die späterhin erlangt wird» ist ein Recht, und eine
Rückwirkung auf die früher eingegangenen Wechselverbindlichkeiten und
muß um so mehr für zulässig eracktet werden, alS die Erlangung derselben
nicht eo ipso, sondern nur mit dem Willen des Verpflichteten eintritt.
Wenn daher der §. 838. Tit. 8. Thl. II. A. L. R. verordnet:
„Hat Jemand, welcher sich überhaupt rechtlich verbinden und gül-
tige Darlehne aufnehmen kann, aber nurvon Wrchsclgeschäftrn auS-
, geschlossen ist, in der Folge die Wechsrlfähigkeit erlangt, so ist er
auS seinen früheren, noch nicht verjährten Indossamenten wechsel-
mäßig verhaftet."
so liegt darin eine Bestätigung der über die Erlangung der Wechselsä-
higkeit oben vorgetragenen Ansicht, und eS ist kein irgend erdenklicher
Grund vorhanden, diese Vorschrift nur auf Indossamente zu beschrän-
ken, und ihr die Anwendbarkeit auf Accepte und Ausstellung von Wech-
seln zu versagen.
') §.49. Findet der Richter kein Gesetz, welches zur Entscheidung deS streitigen
Falles dienen könnte, so muß er zwar nach den in dem Landrrchte angenom-
menen allgemeinen Grundsätzen und nach den wegen ähnlicher Fälle vorhan-
denen Verordnungen, seiner besten Einsicht gemäß, erkennen.

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