Full text: Archiv für das preußische Handels- und Wechsel-Recht (Bd. 2, H. 1 (1848))

Abhandlungen.

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ob nicht jedenfalls eine, wenn auch unvollständige, Vertretung
deS genossknschastlichen Elementes vorznziehen sei dem gegenwärtigen
Zustande, in welchem der HandelSstand dieser Vertretung gänzlich ent-
behrt. Wir wollen vielmehr annehmen, daß schon in der Theilnahme
von StandeSgenosscn an den Funktionen deö Richters ein Vorzug vor
dem gegenwärtigen Verfahren liege, und daß mithin auS dem ausge-
stellten Bedenken kein Einwand gegen die Errichtung der beabsichtigten
Handelsgerichte zu entnehmen sei.
Gleichwohl geht unsre Ansicht einstimmig dahin, daß der im Gesetze
vom 3. April c. gedachte Antrag aus Errichtung eineö Handclö-GerichtS
nach gegenwärtiger Lage der Sache an die StaatS-Regicrung nicht zu
richten sei.
Der erste Entwurf zu diesem Gesetze ward bereits im Jahre 1840
von der Staats Regierung den Behörden so wie Kaufmannschaften zur
Begutachtung mitgcthcilt.
Die hiesige Kanfmannschast sprach sich in einem am 10. Fedr. 1841
an de» Justimiiiiistcr erstatteten Berichte dahin auö, daß sie gegen die
Einführung der beabsichtigten Institution sich so lange erklären müsse,
alS nicht ein Handelö-Gesetzbuch verbunden mit einer neuen auf
einfachen Prinzipien beruhenden Konkurs-Ordnung cmanirt sei.
Biö dahin könne sic die Besetzung eineö Handels Gerichtes mit kauf-
männischen Mitgliedern nicht alö gcrathcn erachten, weil die Funk-
tion deö Richters, welcher nach positiven BeiveiSregeln und nach dem
Buchstaben deö Gesetzes erkennen solle, untrennbar sei von der Fähigkeit,
selbstständig über die Anwendung der Gesetze auf den vorgclegten
Fall ui urtheilt». Diese Aufgabe vermöchten nach gegenwärtiger Lage
der Preußischen Gesetzgebung Mitglieder deö HandelbstandeS nicht zu
lösen. ES sei daher unabweisbar mörderlich, daß dem ohnedies drin-
genden und allgemein gefühlten Bedürfnisse nach Emanation eines Han-
delsgesetzbuches und einer neuen KonkurS-Ordnung im Wege der Gesetz-
gebung Abhülfc werde, bevor ein Handelsgericht auf der Grundlage deS
vorgclegten Gesetzentwurfes errichtet werden könne.
Dieser im Berichte vom 10. Februar 1841 ausgesprochenen Ansicht
schließen wir unS einstimmig an.
Die Lage der Sache ist in Betreff der Gesetzgebung die-
selbe geblieben. Wir entbehren wie früher ein Handelsgesetzbuch,
eine einfache Konkurö-Ordnung; daö Preußische Landrccht, die GerichtS-
Ordnung nebst KonkurS-Ordnung vom Jahre 1704 mit unzähligen
ergänzenden spätcrn Gesetzen stehen noch in Kraft, und selbst die Ema-
nation der neuen Wechsel-Ordnung soll durch die Absicht, eine allgemeine
deutsche Wechsel-Ordnung zu schaffen, auf ungewisse Zukunft vertagt
sein. Ja eS findet sogar zwischen dem Entwürfe vom Jahre 1840 und
dem neuen Gesetze der für die hervorgchobcne Beziehung ungünstige
Unterschied statt, daß der Entwurf vom Jahre 1840 ein weit beschränk-
teres Kompetenz-Gebiet den Handels-Gerichten zuwieö.

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