Full text: Archiv für das preußische Handels- und Wechsel-Recht (Bd. 1, H. 2 (1845))

RechtSsprüche.

W

Zahlung deS Lieferungspreises in Anspruch nehmen, und auf diese
Art die Wirkungen eineS Kauf-Vertrages herbeiführen könnte, ob-
gleich gerade die Voraussetzung, an welche das Gesetz diesen Erfolg
bindet, nämlich die vollzogene Lieferung nicht vorhanden wäre. ES
muß daher auch ferner für Lieferungs-Verträge die unter den allgr»
meinen Grundsätzen über die Verträge über Handlungen ausgrnom»
mene Vorschrift im §. 877. a. a. O.: „Auch auS solchen Verträ-
gen kann, so wie auS allen übriger», wenn sie durch wechselseitige Ein-
willigung in gesetzmäßiger Form abgeschlossen find, auf Erfüllung
geklagt werden," die einschränkende Erklärung erleiden, daß dem Lie-
feranten ein solches ihn mit einem Verkäufer gleichstellrndrS Klage-
recht auf Abnahme der zu liefernden Sache nicht zustehen kann.
DaS Gesetz erkennt auch überhaupt ein solche- Klagerecht für den
Lieferanten nicht an; es gtebt ihm nur die Befugniß, fich SchadloS-
haltung für die Nachtheile zu verschaffen, die ihm auS einem nicht
zur Ausführung gelangten Lieferungs-Verträge erwachsen würden;
und dieser in dem h. 987 ausgesprochene Hauptgrundsatz muß denn
auch für daS Derständniß der wahren Bedeutung der von dem Wi-
derrufe handelnden §§. 984 bis 986 entscheidend sein, und dahin
führen, diese Bestimmungen in dem allgemrinern Ginne auf^ufassrn,
daß in allen Fällen, in welchen die Annahme der zu lieferndm Sache
verweigert, also von dem Besteller diejenige Mitwirkung versagt
wird, die zur Vollziehung der Lieferung gehört, der Vertrag als wi-
derrufen zu betrachten ist.
Allerdings bestimmt der h. 984, der Besteller könne den Vertrag
widerrufen, wenn wegen veränderter Umstände die besprochene Lie-
ferung zu dem Zwecke, wozu fie bedungen worden, unnütz oder un-
brauchbar geworden sei; hierin kann jedoch nur ein VeranlassungS-
grund zu dem erfolgenden Widerrufe ausgedrückt sein, nicht ein Er-
forderniß der Zulässigkeit deS Widerrufs. Die Veranlassung zum
Widerruf ist an und für sich dem rechtlichen Verhältnisse zu dem
Lieferanten gänzlich fremd, in sofern der Zweck der Lieferung nicht
auch als ein von ihm zu erreichender gilt. Die, daS eingegangene
VertragS-Verhältniß zwischen beiden Kontrahenten gar nicht berüh-
renden BestimmungSgründe für die Handlung deS Bestellers, können
daher nicht als Bedingungen gelten, welche die rechtliche Stellung
dessen, der über die Lieferung kontrahirte, gegen den Lieferanten nor-
miren. Das Verhältniß zwischen dem Besteller und dem Licferan-
tm wird lediglich durch die Thatsache der Weigerung deS Ersteren,
die bestellte Sache fich liefern zu lassen, bestimmt, mag fich der Be-
steller zu seiner Weigerung aus diesem oder jenem Grunde veranlaßt
gefunden haben. —- Diese Grundsätze ergeben nun ferner, daß unter
keiner Voraussetzung von dem Lieferanten direkt nur auf Abnahme
her bestellten Sache geklagt werden kann; daß fich vkelmchr der An-

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