Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 2 (1837))

Uebcr den gegenwärtigen Zustand des CriminalrechtS re. t41
C.
Endlich gibt cs noch eine Art -es Excurses, welcher
leicht die Grenzen deS Strafrechtswissenschaft verrücken kann.
Sowie nämlich vor Zeiten die Lehre vom menschlichen Kör-
per bei der Tödtuug und bei den Verwundungen in das Crt-
minalrecht hereingezogen wurde/ und dadurch eine Masse
unbrauchbarer Einrheilungen entstand, welche endlich der
gesunde Sinn der Praxis beseitigte/ und in welcher Bezie-
hung es den Juristen zu Statten kommt, daß jetzt eine ei-
gene Art von Wissenschaft/ medicina forensis genannt/ be-
steht, in welcher wenigstens der erfahrne Sachverständige, als
der einzig gute Interpret einer solchen Disciplin Auftritt:
also zieht steh nun in ganz gleicher Richtung ein fremder
Gast an unfern Tisch, nämlich die Lehre von den geistigen
Krankheiten deS Menschen, welche immerdar mit der Psy-
chologie sollte verbunden bleiben, soferne Man nicht eine- ei-
gene Wissenschaft daraus machen will **). Der Jurist ist
auch hier von Sachverständigen abhängig, und die Juris-
prudenz sowenig, als der Gesetzgeber können hier speeielle
Anleitungen geben, die nicht der nächste Tag für unrichtig
erklären dürfte "). Es geziemt'einer großen Wissenschaft,
kein fremdes Material in sich aufzuuehmen; man darf dem
Gelehrten des einen Faches nicht anmuthcn, daß er, um
einen § oder Artikel zu beurtheilen (denn auf das bloße
Verstehen kommt eS in der Wissenschaft überall nicht an"),
erst eine große andere Wissenschaft studiere, und endlich wer

12) gerichtliche Psychologie.
13) Nicht einmal über die Benennungen versteht man sich noch.
1-4) So versteht z. B. der Vers. dieser Darstellung das Hein-
rot h'sche System recht gut: und jeder Studierende wird
den von Mirtermaier in das Feuerbach'fche Lehrbuch
eingesetzten §. recht gut verstehen: allein damit ist eigmt-
lich doch noch nichts erreicht, denn eS fehlen die Erfah-
rung sgrnndlagen der Beurtheilung. Bewahren wir uns
doch vor ungrnndlicher Vielwifferei! Gesetzt auch, et»
Mittermaier, der die nöthigen medicintichen Kenntnrss«
besitzt, behandle die Sache nach dem Höhepunkte der Wis-
senschaft, so wird doch schwerlich ein zweiter Criminalist
in Deutschland hier folgen können.
Roß Hirt, Zeitschrift. Bd. II. Heft 2.

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