Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 2 (1837))

174 Ucbcr den Geist des deutschen CriminalprozesseS re.
Handarbeiten belegt werden soll, noch mehr aber muß dies
der Fall bei Anstalten seyn, die nicht in Folge von Schuld
und Strafe b-'wohnt werden. Dieser Theil der Staatsadmi-
nistration ist in den meisten Ländern so vernachlässigt, daß
wir erst darüber nachzudenken anfangen müssen. Was aber
den Grund zur Verhängung der Captur selbst betrifft, so
müssen bestimmte Regeln ausgestellt werden, und namentlich
müssen die Indicieu hiernach erwogen werden. Ob sich aber
materielle Grundsätze hier finden lassen, bezweifle ich, daher
würde ich dafür stimmen, daß eine Polizei- oder Unrer-
suchungsgerichtsstelle zur Verhaftung nur provisorisch befugt
und, innerhalb dreimal 24 Stunden, eine motivtrte Sentenz
zu den Acten zu bringen habe, die sofort auch einen nöthigen-
salls bestellten Vertheidiger des Verhafteten auf den beson-
Lern Eid des Geheimnisses zu dem Zwecke zu publiciren
ist, damit dieser ein Rechtsmittel ohne Suspenstveffect
ergreifen könne. Jedes materielle Criterium für die Beur-
rheilung der Verhaftung lasse ich gerne neben dem formellen
Grundsätze zu, wenn man nur eingcsteht, daß man hier
weder auf ein Princip kommen, noch irgend eine Art von
Vollständigkeit verlangen könne. Bis jetzt hatte man in
unserer gemeinrechtlichen Praxis blos das Mittel der ein-
fachen Beschwerdeführung bei dem eigentlichen auf die Unter-
suchung inspicirenden Criminalgerichte, welches nach bcricht-
lichcr Vernehmung entschied; allein die Verhaftung scheint
uns zu wichtig, als daß wir sie durch eine simple Decretur
begründen lassen möchten , zumal das Criminalgericht a po-
steriori nicht gerne, den oft unüberlegten Eifer des Inqui-
renten hemmt. Doch auch dieser Standpunkt beweist, daß
unsre deutsche CriminalrechtSpraxis überall Mittel und Wege
eröffnet hat, damit das Gericht controllirt, und Vertheidi-
gung und RechtSgehör möglich sey. Es kann sich daher ge-
wöhnlich nur darum handeln , etwas formeller zu machen,
ohne daß es nöthig wäre, dem auf daS genaueste ineinander-
greifenden Systeme des deutschen Prozeßwesens Fremdartiges
eiszufchteben.
III. In Hinsicht auf die Führung der Inquisition selbst
hm man nie die feine Ausbildung des deutschen Criminal-

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